Abtreibung - Schwangerschaftsabbruch: Für das Recht auf einen freien Entscheid


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14. November 2012:
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Berichte von Frauen

Ein riesengrosses Gefühl der Erlösung

Wer bin ich? 33 Jahre, seit April in einer sehr glücklichen Beziehung, gerade in Firmengründung.

Soweit eigentlich eine Durchschnittsdeutsche. Bis es zum Thema Fortpflanzung kommt. Ich mag keine Kinder (haben)… Kinder von Freunden? Sehr gerne, ich bin gerne Tante – aber auch froh, wenn die wieder abgeholt werden. Für mich persönlich bringt ein Kind einfach zu viele Veränderungen ins Leben, die ich für mich nicht möchte. Ich finde Dammrisse, eingeschränkte Sexualität und eben eine 24h Aufgabe absolut nicht erstrebenswert. Ich hab in meinem Leben viele Frösche geküsst und bin froh und dankbar, jetzt mit meinem Ritter an meiner Seite viele Wünsche verwirklichen zu können, und zum Glück erachten wir beide Kinder als nichts, was wir für unser Leben möchten. Vielleicht ist die Situation in Deutschland einfach nichts zum Kinderkriegen, aber ich möchte nicht mehr arbeiten wegen einem Kind, um dann nix davon zu haben, weil es eh immer fremdbetreut wird. In Skandinavien hätten wir vielleicht sogar ein Kind bekommen, da passen die weichen Fakten einfach viel besser….aber hier? Mit den schlechten staatlichen Schulen und Vereinssystemen? Meine Güte, um einem Kind da einen guten Start ins Leben zu ermöglichen und es allfällig zu fördern, zahlt man ein Vermögen. Und das ist für uns nicht erstrebenswert.

Das macht mich in meinen Augen aber nicht zum Monster. Ich fasse gerne Bäuche von Freundinnen an, hibbel mit ihnen etc. Aber ich habe nie gehofft, dass mir das auch mal passiert, immer eher das Gegenteil….

10 Jahre habe ich mit der Pille Lovelle verhütet, es war keine gute Zeit. Mit zunehmender Einnahmedauer wurde ich immer ekliger. Libido? Nein. Null. Asexuell. Laune? Schlecht. Durchgehend. Irgendwann abgesetzt, Beziehung war eh im Eimer, Trennung folgte und danach eine etwas unstete Zeit mit kurzen Affären. Bei diesen habe ich mit Kondomen verhütet. Dann kam Mr. Right. Und er hasst Kondome. Super- ich eigentlich auch. Bei einem ONS ist es egal, da geht es eh nicht um sexuelle Erfüllung, aber in einer vertrauensvollen, verliebten Beziehung? Oh nee, das ist wie trockenschwimmen. Also Umstellung auf natürliche Verhütungsmethodik, sprich Berücksichtigung des Eisprungs. Er ist fruchtbar. Verdammt fruchtbar. Mit meiner Vorgängerin, die uuuuunbedingt Mutter werden wollte, hat er sechs Kinder in vier Schwangerschaften gezeugt. Sie hatte alle verloren, darüber zerbrach unter anderem die Beziehung, denn sie ist danach etwas promiskuitiv geworden, um es mal höflich auszudrücken. Und dann kam der Tag, an dem ich mich so komisch gefühlt habe… meine Brüste spannten, mir war kodderig, alles war so anders…. und da fiel mir auf, dass ich ja überfällig bin. In dem Moment ist in mir ein Notfallprogramm angegangen, wie Autopilot. Willst du jetzt alles, was wichtig ist, drangeben? Ein Kind? Auf gar keinen Fall! Und er sah es genauso. Mit meiner Vorgängerin war er jünger, 12 Jahre liiert, nie da, immer ausser Haus am arbeiten (daher auch unsere Firmengründung, wir wollen beide mehr Zeit miteinander verleben) und er dachte, er liefert seinen Samen ihr zuliebe ab, und hat danach eh wenig damit zu tun, aber sie ist zufrieden und es gibt ihr einen Anker im Leben.

Ich habe am Sonntag irgendwie gewusst/geahnt, dass ich leider Pech habe und schwanger bin. Also am Montag Termin beim Gyn gemacht, Beratungsstelle und Krankenkasse.

Dienstag um 13h wurde meine Befürchtung bestätigt (auch noch Zwillinge), um 15h stand der Zwangstermin zur Beratung an. Da hatte ich das erste Mal Bammel, wurde aber positiv überrascht. Sehr nette Beraterin, die in 17min die Must's runterspulte (die ich mir alle selber schon erarbeitet hatte) und ganz empathisch aber ohne Gefühlsduselei abwickelte. Und schon hielt ich meinen Schein in der Hand. Nun musste ich leider die drei Tage abwarten, also nutzte ich dies zur Recherche. Das war schwerer als gedacht. Leider ist das Netz voll von Fanatikerseiten und wirklich brauchbare Infos sind rar. Nachdem der Arzt gefunden war, der den Abbruch durchführt und die besten Bewertungen hatte, Termin vereinbart. Dann noch zur Krankenkasse. Auch da eine nette Person vorgefunden, die einfach nur Verständnis zeigte.

Nun hiess es Warten. Das war das Unangenehmste. Mein Partner und ich waren uns einig, dass wir keine Kinder wollen. Jetzt nicht und später auch nicht, es passt einfach nicht in unser Leben. Oder ist Deutschland zu kinderfeindlich? Weiss ich nicht, jedenfalls kommt für mich eine Degradierung zur Gebärmutter nicht in Frage.

Heute war endlich der Tag der Tage. Ich war etwas aufgeregt, wurde aber vom Partner begleitet. Was soll ich sagen? Es geht mir blendend. Jede Vollnarkose beim Zahnarzt ist anstrengender. Körperlich fühle ich mich topfit (o.k., die Binden sind unangenehm und ich hoffe, die Blutung hört bald auf). Der Arzt meinte, ich solle mich schonen und eventuell erst abends eine leichte Suppe zu mir nehmen. Es ging mir sehr gut, ich war wieder voll belastbar und zwar sofort. Wir haben mit Biocurrywurst und einem Schlückchen Schampus unser neues/altes Paarsein gefeiert. Ja, wir haben auf uns angestoßen. Nicht auf den Abbruch, sondern auf unser Leben!

Die meiste Angst hatte ich vor dem danach, was das auf der Paarebene macht, ob es sich negativ auf die Intimität auswirken wird. Da war mir eine Freundin eine grosse Hilfe, die mich fragte, ob ich nach einem technisch identischen Eingriff wie etwa einer Zystenentfernung auch so etwas fragen würde. Recht hatte sie.

Wer sich sehr, sehr sicher ist, dass man einfach keine Schwangerschaft will, soll bitte wissen, dass das alles nicht so schlimm ist. Man muss leider mit einigen fremden Menschen seinen Unterleib diskutieren, aber wir haben das Recht und die Chance in Deutschland, unser Leben zu gestalten! Entscheidet euch so, wie IHR wollt!
Ich bin einfach nur erleichtert, entspannt und glücklich, dass dieser Alptraum ein Ende hat. Nun wird seine Sterilisation geplant, damit wir nie wieder so einen Stress haben müssen.

Hilfreich fand ich die Seite abtreibung.at – Gespräche mit Freundinnen und ganz wichtig: einen starken Partner an meiner Seite zu haben, der ähnlich denkt und das auch verbalisieren kann.
Lasst euch keine Schuldgefühle einreden, es ist eure Entscheidung, man fällt in kein Loch, wenn man nicht will.
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Die leichte Blutung hat am Folgetag aufgehört, nach 8 Tagen sind heute nur noch minimalste Schmierblutungen da, die aber zwischenzeitlich auch schon mal weg waren und es hat keinerlei körperliche Schäden nach sich gezogen. Alles ist gut. Physisch, wie psychisch. Und alles funktioniert!

Am kommenden Freitag haben wir den Termin zur Vasektomie, dann hat auch das Thema vorübergehende Verhütung mit Kondom endlich ein Ende (nach den erforderlichen Kontrollen).
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Wie ist die Situation aktuell? Am vergangenen Freitag hatte mein Freund die Vasektomie, ich war dabei und habe ihm die Hand gehalten. Männer sind da ja etwas sensibel, wenn es um ihre Kronjuwelen geht. Sonntag Abend haben wir geguckt, ob alles funktioniert. Tut es! 

Ich habe den Abbruch als absolut unaufgeregt erlebt, es war für mich ein minimaler Eingriff, ich wollte ihn zu 100% und es war einfach nur ein riesengrosses Gefühl der Erlösung danach. Bloss Kleinigkeiten wie das erschlagende Angebot an Binden (die ich noch nie in meinem Leben verwendet habe) fand ich furchtbar. Das Zellgebilde in meinem Bauch weckte in mir keinerlei Gefühle. Es war komisch, auf dem Ultraschall das Geblinke zu sehen, was die Gynäkologin als Herzschlag deklarierte, meine Entscheidung aber nicht beeinflusst hat. Eine Woche nach dem Eingriff habe ich die Frau eines Geschäftspartners kennengelernt. Mit frischem Baby. Ein süßer kleiner rothaariger Wikinger. Und wo sie dann so ins Plaudern kam und über die Wehen sprach, die Risse, die Schmerzen… hab ich meinen Ritter angeschaut und wir waren uns stillschweigend einig, dass es gut ist, dass uns das alles erspart geblieben ist!

Warum habe ich mich für den chirurgischen Eingriff entschieden? Ich wollte eine schnelle, saubere, unemotionale Lösung des Problems. Ein medikamentöser Abbruch hätte mich aktiv mehrere Tage beschäftigt. So war das einzige, was mich überhaupt "körperlich" daran erinnert hat, die Naht, da ich mir gleichzeitig noch einen Schönheitsfleck habe entfernen lassen und dies neben der Schamlippe mit einem Stich vernäht wurde. Sonst wäre das überhaupt nicht präsent gewesen. Hin, Betäubung, wach werden, und wieder raus ins Leben. So hab ich es wahrgenommen. Ich fand es unangenehm, mit G´tt und der Welt meinen Unterleib diskutieren zu müssen (Feststellung beim Gynäkologen, Beratungsgespräch, Krankenkasse, Telefonate auf der Suche nach einem guten Arzt, Vorgespräch beim Operateur), die ganzen Rennereien zu haben, und überhaupt an vernünftige Infos zu kommen, da das Netz voll von bewussten Fehlinfos ist (die "Lebensschützer" zeigen zu gerne gefakte Bilder von weit
entwickelten, fertigen Embryos etc) und man als Kind des Internetzeitalters ja eigentlich jeden Happen googelt. Aber findet mal einen Arzt, der offen zugibt, dass er Schwangerschaftsabbrüche macht. Fehlanzeige. Da muß man über Empfehlungen gehen, nach ambulanten Operationen suchen, etc. ausländische Organisationen, die Frauen pro Abtreibung unterstützen, mussten Adressen deutscher Ärzte vom Server nehmen, wegen Drohungen etc. Über Komplikationen habe ich mich nicht informiert. Die entsprechen dem normalen Menschenverstand. Klar, es ist ein Eingriff. Aber ich kann auch beim Überqueren einer Kreuzung platt gefahren werden.

Ich würde, wenn ich müßte, jederzeit wieder abtreiben. Aber natürlich hoffe ich, dass das nicht noch mal nötig wird und wir den Zeitraum bis zu seiner attestierten Unfruchtbarkeit schadlos überstehen.

Ich stehe zu meiner Entscheidung und ich habe mir geschworen, Frauen zu helfen, die so wie ich durchs Netz tappten und nur an die falschen Infos gelangten, bzw. auf die getroffen sind, denen der Abbruch zu schaffen macht, weil sie ihn im Grunde ihres Herzens gar nicht wollten. Das wirkt so, als ob das so viele wären. Sind es aber nicht, denn all diejenigen, denen es gut geht, gehen zur Tagesordnung über und tummeln sich dazu nicht virtuell. All den nicht-Depressiven, den glücklich Nicht-mehr-Schwangeren begegnet man einfach nicht. Aber es gibt uns 🙂

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Abtreibungsgegner