Iris
Zu mir: 25 Jahre alt, komme aus guter Familie, gute Ausbildung, gute
Arbeitsstelle und seit zwei Jahren in einer glücklichen Beziehung! Kurz
gesagt: ich liebe mein Leben so wie es jetzt (wieder) ist!!
Meine Tage blieben aus – Schwangerschaftstest positiv – SCHOCK!! (Wir
haben immer mit Kondom verhütet, was wohl nicht genug sicher war, heute
nehme ich die Pille wieder) Ich teilte dies gleich meinem Partner mit.
Nachdem sich der erste Schock ein wenig gelegt hatte, einigten wir uns,
jetzt nicht in Panik zu geraten und uns in Ruhe zu überlegen wie wir
weiter vorgehen sollen. Für mich war es zuerst klar, dass wir für diese
"Dummheit" nun gerade stehen müssen und wir das schon irgendwie packen
würden. Wir machten eine Budgetberechnung und stellten fest, dass wir
mit nur einem Einkommen nicht leben könnten. Ich müsste nach der Geburt
wieder eine Vollzeitstelle ausüben und mein Kind abgeben. Dies kam aber
für mich nie in Frage. Wenn ich ein Kind in die Welt setze, möchte auch
ich dafür da sein, es erziehen und mich auf das Mutter-Dasein
konzentrieren! Es kommt zudem hinzu, dass dies mein schönes Leben auf
den Kopf stellen würde. Ich müsste auf so viele geliebte Sachen
verzichten (schöne Wohnung, teures Hobby, Ausgang, Ferien, Shoppen,
Auswärts essen gehen usw.). Meine Vorstellung von der Zukunft mit einem
Baby in neun Monaten war grauenhaft. Es sind egoistische Gründe. Dies
zeigte mir aber noch umso mehr, dass ich nicht bereit für ein Kind bin.
Wenn ich nur ein bisschen bereit dazu gewesen wäre, wären mir solche
egoistische Gründe gar nicht in den Sinn gekommen. Es fühlte sich
einfach falsch an und ich konnte mich keine Sekunde darüber freuen,
schwanger zu sein. Abgesehen davon fühlte ich mich auch kein bisschen
schwanger!! Mein Partner und ich weinten einen Tag durchgehend. Das
Pflichtbewusstsein sagte, es ist nicht richtig abzutreiben aber
eigentlich schrie alles in mir: Mach das DING weg!! Nach einem klärenden
Gespräch mit meinen Eltern, war mein Entscheid gefasst. Ich wollte den
medikamentösen Abbruch durchziehen. Mein Partner ebenfalls.
Die Zeit des langen Wartens begann. Da ich die Schwangerschaft sehr früh
bemerkt habe (Eisprung hat sich eine Woche verschoben und ich hätte
meine Tage eine Woche später bekommen sollen) konnte der Frauenarzt noch
keine Fruchtblase (bzw. eine Schwangerschaft in der Gebärmutter)
erkennen. Dies war ja nötig für die Anmeldung des med. Abbruches.
Endlich nach zwei Horrorwochen des Wartens, des immer wieder Zweifelns,
ob es die richtige Entscheidung ist, konnte die Schwangerschaft in der
Gebärmutter bestätigt werden und ich wurde in einem Spital für den
Abbruch angemeldet. Noch am gleichen Tag erhielt ich einen Termin in
drei Tagen. Ich konnte mich ein wenig entspannen. Ich war genug früh
dran (6. SSW – bzw. ca. 4 Wochen seit Befruchtung – immer wieder sehr
verwirrend) für den medikamentösen Abbruch.
Drei Tage später ging ich mit meinem Partner in das Spital. Von der
Krankenschwester wurde ich sehr freundlich in Empfang genommen und sie
ging sehr offen mit dem Thema um. Ich dachte schon, i müsse mir also
keine Sorgen machen, für die ist das Alltag. Dann wurden wir zur Ärztin
gebracht. Die war das Gegenteil von der Schwester! Sie hackte auf mir
rum. Sie fragte mich z.B. mehrmals ernsthaft, wieso ich die Adoption
nicht in Betracht ziehe??!! (ja genau, das ist sicher viiiiel weniger
belastend für Kind und Mutter). Ich war über die vielen Fragen ein wenig
verwundert, da ich überall gelesen habe, der Entscheid für den Abbruch
liege in den ersten 12 Wochen allein bei der Frau. Naja wie dem auch
sei, irgendwann platzte mir der Kragen und ich sagte ihr ganz klar, dass
ich Kinder noch nie leiden konnte und dieses Baby mein Leben zerstören
würde. Beim Ultraschall sagte ich ausdrücklich, ich wolle die Bilder
nicht sehen. Sie drehte zwar den Monitor weg, doch betonte mehrmals,
dass man beim Embryo schon Herzaktionen sehe. Zudem liess sie die
Ultraschallbilder (meiner Meinung nach extra) auf ihrem Schreibtisch
liegen, als sie das Büro kurz verliess und fragte mich danach, ob ich
mir nun immer noch sicher sei! Ich fand diese Behandlung wirklich
schlimm und bereute es, dass ich den Abbruch nicht bei einem Frauenarzt
in der Praxis durchführen liess. Dann erhielt ich endlich die drei
Tabletten Mifegyne! Am Abend spürte ich ein Ziehen im Bauch und es ging
mir psychisch nicht gut. Ich heulte mir die Augen aus. Ich stellte mir
immer vor, wie die Versorgung des Embryos gestoppt wird und ich daran
Schuld bin. Mein Partner konnte mich aber beruhigen und ich wusste ja
auch, dass es die richtige Entscheidung war (an dieser Stelle einen
lieben Gruss an die Abtreibungsgegner – keiner Frau fällt eine
Abtreibung leicht!!).
Zwei Tage später konnte ich selbstständig zu Hause zwei Cytotec
Tabletten einnehmen. Ich war wahnsinnig nervös und hatte Angst vor den
Schmerzen und einen Embryo zu sehen. Mit Schmerzmittel waren die
Schmerzen jedoch nicht so schlimm. Ohne Schmerzmittel hätte ich es aber
nicht ausgehalten. Nach ENDLICH sechs Stunden begann eine erste Blutung.
Die Blutung mit wenig Gewebeabgang war aber nur kurz und ich konnte
nichts vom einem Embryo oder Fruchtsäckchen erkennen, wie das so viele
beschreiben. Am Tag darauf hatte ich nur eine leichte Schmierblutung.
Dies machte mir Sorgen, da ich dachte, bei mir hätte es irgendwie nicht
funktioniert. Ich schrieb deshalb einen Facharzt für
Schwangerschaftsabbrüche an. Dieser beruhigte mich und sagte, dass die
meisten Frauen die abgegangene Frucht nicht sehen würden. Man müsste das
blutige Material auswaschen und hätte dann im Stadium, in welchem ich
mich befand, ein ca. 1.5cm weisses Schwämmchen gesehen. Den Embryo hätte
ich gar nicht gesehen, weil der nur etwa 3mm gross ist. Wie gesagt, ich
war noch sehr früh dran mit dem Abbruch. Zudem habe ich mir den Abbruch
nach den vielen (Horror-)Erfahrungsberichten im Internet auch viel
dramatischer vorgestellt, als es schlussendlich war. Wieder einen Tag
später setzte dann doch noch eine normale Blutung ein (wie Periode),
welche dann ca. eine Woche lang anhielt.
Es ist nun alles vorbei und ich bin einfach nur erleichtert und
glücklich mein altes Leben wieder zu haben. Der Abbruch war überhaupt
nicht dramatisch – wenn die Bauchkrämpfe nicht gewesen wären, könnte ich
es bei mir mit einer normalen Periode vergleichen. Auch bereue ich es
überhaupt nicht und habe auch keine psychischen Probleme deswegen. Ich
hätte diesem Kind in neun Monaten nicht die notwendige Liebe geben
können und ich hätte es wahrscheinlich unbewusst dafür verantwortlich
gemacht, mein schönes Leben kaputt gemacht zu haben! Wenn ich einmal
eine Familie gründen möchte, dann will ich mich auf die Schwangerschaft
freuen und ich möchte vor allem finanziell abgesichert sein. Es war
einfach noch zu früh! Falls mein Bericht veröffentlicht wird, hoffe ich
ein paar Frauen damit die Angst nehmen zu können. Ich wäre froh um einen
solchen Bericht gewesen! Und lasst euch kein schlechtes Gewissen
einreden. Es ist EUER LEBEN und damit auch eure Entscheidung!!!