Letzte Aktualisierung:
Nach jahrzehntelangen Auseinandersetzungen und trotz massivem
Widerstand der katholischen Kirche hat das spanische Parlament im
Februar 2010 eine
Fristenregelung gutgeheissen. Sie löst das restriktive Abtreibungsgesetz von 1985 (nur
medizinische Indikation) ab. Die Praxis war
allerdings schon seit längerer Zeit liberal.
Das
neue Gesetz (Text pdf auf spanisch)
wurde am 4. März 2010 publiziert und
ist am 5. Juli in Kraft getreten. Allerdings haben die Gegner einen
Rekurs vor dem Verfassungsgericht eingereicht…
Geschichtliche
Entwicklung
Das neue Gesetz erlaubt den Abbruch einer Schwangerschaft bis zur 14.
Schwangerschaftswoche (ab dem ersten Tag der letzten Periode) auf
blossen Antrag der Frau. Mädchen unter 16 brauchen die Zustimmung des
gesetzlichen Vertreters.
16- und 17-Jährige brauchen zwar die Einwilligung der Eltern nicht,
müssen jedoch einen Elternteil über den geplanten
Schwangerschaftsabbruch informieren, ausser wenn sie darlegen können,
dass sie dadurch in grosse Schwierigkeiten geraten würden.
Nach Ablauf der Frist von 14 Wochen ist ein Schwangerschaftsabbruch aus
medizinischen Gründen zulässig, nach der 22. Woche nur noch bei schwerster
Fehlbildung des Fötus.
Nach der ersten Arztkonsultation, bei welcher
die Frau Beratung und alle Informationen erhalten muss, ist eine
Bedenkzeit von 3 Tagen einzuhalten, bevor der Eingriff in einem Spital
oder einer zugelassenen Privatklinik durchgeführt werden darf. Die
öffentlichen Spitäler sind verpflichtet, Schwangerschaftsabbrüche zu
ermöglichen.
24.2.2010
Fristenregelung vom Parlament definitiv gutgeheissen
Trotz massiver Proteste und Interventionen der katholischen Kirche
hat der Senat in Spanien das zuvor bereits von der Abgeordnetenkammer
verabschiedete Gesetz über den Schwangerschaftsabbruch unverändert, mit
132 zu 126 Stimmen, angenommen. Zuvor wurden 3 Ablehnungs- und 88
Änderungsanträge abgelehnt.
Das Gesetz wird im März im Amtsblatt publiziert und wird vier Monate
später in Kraft treten.
17.12.2009
Abgeordnetenkammer heisst Fristenregelung gut
Mit 184 zu 158 Stimmen hat die Abgeordnetenkammer des spanischen
Parlamentes die Fristenregelung – gegen starken Protest der katholischen
Kirche – gutgeheissen.
18. Februar 2009
Entscheidender Schritt Richtung Fristenregelung
Nach mehrmonatigen Beratungen hat die Gleichstellungskommission des
spanischen Parlamentes mit 20 zu 16 Stimmen einer Fristenregelung
zugestimmt. Die genaue Formulierung für eine Gesetzesvorlage, die noch
vor Ende Jahr vom Parlament verabschiedet werden soll, ist Aufgabe der
Regierung. Es wird voraussichtlich eine Frist von 14 Wochen sein,
innerhalb welcher Frauen (ab 16 Jahren) frei über einen
Schwangerschaftsabbruch entscheiden können. Unter 16-Jährige würden nach
dem Vorschlag die Einwilligung der Eltern benötigen. Bis zur 22. Woche
soll ein Abbruch aus medizinischen Gründen möglich bleiben.
Unterstützung findet die Vorlage bei der regierenden sozialistischen
Partei und verschiedenen Linksparteien, die zusammen im Parlament über
die Mehrheit verfügen.
Die oppositionelle konservative Volkspartei möchte das geltenden Gesetz
beibehalten und verschärfen. Sie hat angekündigt, dass sie das
Verfassungsgericht anrufen wird, sollte die Fristenregelung angenommen
werden.
November 2007 / Januar 2008
Christliche Fundamentalisten erreichen Schliessung einer Klinik
Auf Betreiben der E-Cristians wurden Ärzte und Personal einer
bekannten Abtreibungsklinik verhaftet unter dem Verdacht "illegaler"
Spätabtreibungen. Die Klinik wurde geschlossen. Auch gegen andere
Kliniken wurden Verfahren eingeleitet. Als Reaktion auf die Hetze
führten die Kliniken im Januar 2008 einen landesweiten Streik durch.
18. März 2007
Vorstoss für Fristenregelung im Parlament
Eine Koalition von linken und grünen Parteien hat in Spanien einen
Vorstoss für eine Fristenregelung (Schwangerschaftsabbruch auf Verlangen
der Frau bis zur 14. Woche) eingereicht. Der Entscheid soll nicht mehr beim Arzt, sondern bei der Frau liegen.
Das geltende, relativ restriktive spanische Gesetz erlaubt einen Schwangerschaftsabbruch
nur bei
einer Gefahr für die körperliche oder psychische Gesundheit der
Schwangeren. Die Praxis ist aber bereits seit einiger Zeit sehr liberal.
23. Sept. 1998
Mit bloss einer Stimme Mehrheit lehnt die Abgeordnetenkammer des
Parlamentes die von den Sozialisten eingebrachte Gesetzesrevision für
eine soziale Indikation ab.
Juli 1995
Die sozialistische Regierung von Felipe Gonzales erarbeitet einen
Fristenregelungsentwurf mit einer "Notlagenindikation".
Februar 1991
Fristenregelung abgelehnt
Das Parlament lehnt einen Antrage der Linken für eine Fristenregelung
mit 237 zu 17 Stimmen ab. Die sozialistische Regierung verspricht einen
Bericht über die Situation und einen Entwurf zur Liberalisierung des
Gesetzes.
12. Juli
1985
Spanien legalisiert den Schwangerschaftsabbruch bei Vorliegen
medizinischer Gründe
In der Folge beginnen die Zahl der illegalen Abtreibungen und der Abtreibungstourismus nach
England und Holland zu sinken. Es entstehen spezielle
Abtreibungskliniken, wo über 90% der Abbrüche durchgeführt werden. Es kommt aber immer noch
hin und
wieder zu Hexenjagden auf liberale Ärzte und Verurteilungen. Feministinnen
verlangen immer wieder eine Fristenregelung.
Vor 1985
galt in Spanien ein absolutes Abtreibungsverbot. Zehntausende
Spanierinnen reisten für einen Abbruch nach Holland, England und andere
Länder. Die illegalen Abtreibungen im Land selbst wurden vom Obersten Gerichtshof auf
300'000 geschätzt.