Abtreibung - Schwangerschaftsabbruch: Für das Recht auf einen freien Entscheid


Argumentarium gegen die Initiative
Nein zur Initiative - Nein zum Rückschritt (auf facebook)
14. November 2012:
Nationaler Verein "Nein zum Angriff auf die Fristenregelung" gegründet

Kurzfilm "Requiem pour un droit" (französisch)
Video Strassentheater "Nein zur Initiative"
Comité féministe pour le droit à l'avortement

Letzte Aktualisierung:

Irland:
Tragikomödie vierter Akt (2013)
Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte 16.12.2010
Tragikomödie in drei Akten (1983-2002)

Tragikomödie, vierter Akt

Am 30.7.2013 hat der Präsident Irlands ein Gesetz unterzeichnet, das Schwangerschaftsabbrüche bei Lebensgefahr für die Schwangere erlaubt.
Zweieinhalb Jahre brauchten die politischen Instanzen in Irland, um dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom Dezember 2010 endlich Nachachtung zu verschaffen. Gar 20 Jahre sind verflossen, seit das Oberste Gericht Irlands entschied, Suizidgefahr sei ein zulässiger Grund für einen legalen Schwangerschaftsabbruch.
Der tragische Tod von Savita Halappanavar im Oktober 2012, welcher an einem Irischen Spital der Schwangerschaftsabbruch verweigert worden war, obwohl sie in Lebensgefahr schwebte, hat Bewegung in die Angelegenheit gebracht. Die Liberalisierungsbefürworter wurden mobilisiert und übten Druck auf die Regierung aus, endlich ein Gesetz auszuarbeiten.
Im Juli 2013 stimmte das Parlament dem Gesetz mit grosser Mehrheit zu. Die Debatten wurden von Protesten und Demonstrationen der Abtreibungsgegner begleitet, die PolitikerInnen wurden mit Plastikföten und Drohbriefen beglückt.
Doch der Berg hat eine Maus geboren.
Das neue Gesetz bringt nichts Neues, sondern konkretisiert einzig, wie im Fall einer Lebensgefahr für die Schwangere vorzugehen ist : Zwei Ärzte müssen die akute Gefahr bestätigen. Wenn die Frau suizidgefährdet ist, braucht es die einhellige Meinung von drei Ärzten (zwei Psychiater und ein Gynäkologe). Dann und nur dann ist der Abbruch legal. Wird dieses Prozedere nicht eingehalten, drohen sowohl der Frau wie dem Drittabtreiber bis zu 14 Jahren Gefängnis.
Irland gehört also neben Malta, Andorra und San Marino weiterhin zu den vier Ländern in Europa, die nicht wenigstens gesundheitliche Gründe, fötale Missbildung und Vergewaltigung als Abtreibungsgründe zulassen (wie Polen, Liechtenstein und Monaco). Alle andern Länder Europas haben eine Fristenregelung oder mindestens eine soziale Indikation.
Verschiedene Meinungsumfragen haben gezeigt, dass die Bevölkerung eigentlich viel liberaler denkt: 70 bis 80% wünschen, dass der Abbruch einer Schwangerschaft auch aus gesundheitlichen Gründen, bei Vergewaltigung und fötaler Missbildung, um die 40 % und mehr möchten, dass er in jedem Fall erlaubt sein sollte.
Die Irländerinnen werden also weiterhin ins Ausland reisen und die Diskussionen werden weiter gehen. Die Abtreibungsgegner erwägen eine Klage vor dem Obersten Gericht, weil durch das neue Gesetz angeblich das in der Verfassung festgeschriebene Recht des "Ungeborenen" auf Leben verletzt werde. Die Liberalisierungsbefürworter hingegen streben ein Referendum über die Streichung eben dieser Verfassungsbestimmung an.

Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte

Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof hat am 16.12.2010 im Fall A. B. C. gegen Irland die Klage von Beschwerdeführerin C. (eine Frau, deren Leben durch eine Schwangerschaft gefährdet war) gutgeheissen. Sie musste für den Abbruch der Schwangerschaft nach England reisen, weil die Behörden es unterlassen hatten, ein Verfahren einzurichten, das ihr erlaubt hätte, ihren Anspruch auf einen legalen Abbruch in Irland abklären zu lassen. Es liege daher eine Verletzung von Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention vor, der das Recht auf Privatleben garantiert.
Die Klagen von A. und B. wies das Gericht hingegen mit 11 zu 6 Stimmen ab. Bei ihnen sei es „nur“ um ihre Gesundheit, beziehungsweise ihr Wohlbefinden gegangen und sie hätten ja die Möglichkeit gehabt, die Schwangerschaft in England abzubrechen. Mit Rücksicht auf die in Irland vorherrschenden moralischen Werte liege es im Ermessen Irlands, Abtreibungen aus solchen Gründen zu verbieten.
Das Urteil hat sowohl bei Befürwortern wie bei Gegnern des legalen Schwangerschaftsabbruchs unterschiedliche Reaktionen ausgelöst.
Kommentar A.M. Rey

Tragikomödie in drei Akten

1983 stimmten die IrländerInnen einem Verfassungsartikel zu, wonach das Leben des Embryos ebenso geschützt ist wie dasjenige der Frau. Es blieb unklar, unter welchen Umständen ein Schwangerschaftsabbruch allenfalls zulässig wäre.

1992 hat das Oberste Gericht im Fall eines 14-jährigen Vergewaltigungsopfers entschieden, die Selbstmordgefährdung des Mädchens berechtige zum Abbruch der Schwangerschaft.

Im November des gleichen Jahres stimmte das Volk einer Verfassungsänderung zu, die es Frauen ausdrücklich erlaubt, für einen Abbruch ins Ausland zu fahren und in Irland diesbezüglich Informationen zu erhalten. Gleichzeitig lehnte es einen Verfassungszusatz ab, der Selbstmordgefahr als Grund für einen legalen Schwangerschaftsabbruch ausschliessen wollte.

Am 6. März 2002 waren die Stimmberechtigten erneut aufgerufen, darüber abzustimmen ob ein Schwangerschaftsabbruch legal sein solle, wenn die Frau selbstmordgefährdet ist – oder nur dann, wenn eine akute körperliche Lebensgefahr besteht. Es ging also in dieser Abstimmung einzig darum: Soll ein absolutes Abtreibungsverbot noch ein bisschen absoluter werden? Die Frage wurde knapp verneint.

Inzwischen reisen jährlich rund 6’000 Irinnen zum Schwangerschaftsabbruch nach England. Die Abtreibungsrate der Irinnen entspricht jener von Ländern mit einer Fristenregelung. Die Heuchelei ist also total. Das Problem wird bloss exportiert.

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Abtreibungsgegner