Abtreibung - Schwangerschaftsabbruch: Für das Recht auf einen freien Entscheid


Argumentarium gegen die Initiative
Nein zur Initiative - Nein zum Rückschritt (auf facebook)
14. November 2012:
Nationaler Verein "Nein zum Angriff auf die Fristenregelung" gegründet

Kurzfilm "Requiem pour un droit" (französisch)
Video Strassentheater "Nein zur Initiative"
Comité féministe pour le droit à l'avortement

Letzte Aktualisierung:

Erfahrungsberichte von Frauen (Archiv 1)

Christine
Damals im Jahre 1973, 16- jährig, wurde ich vergewaltigt und dabei schwanger. Es ist eine Erleichterung, dass ich es der Öffentlichkeit bekannt geben darf und so diesen mich immer begleitenden Kummer verarbeiten kann.
Die Jugendzeit war schrecklich. Mein Vater starb (1968), als ich 12 Jahre alt war, an einer Tropenkrankheit. Er war Chemiker, in der Forschung tätig. Meine Mama war schwer depressiv, tablettensüchtig. Geschwister hab ich keine. Ich kam in ein Internat, wos mehr Schläge und eingesperrt werden (im Keller) gab als Liebe und Zuneigung. Mit 15 Jahren musste ich für 1 Jahr in eine Klosterschule, um Französisch zu lernen. Dieses Jahr gab mir den Rest. Beten, Schikane, Misstrauen waren an der Tagesordnung.
Zurück in Basel bei meiner Grossmutter lebend, wo ich glücklich war, nahm sich meine Mutter das Leben. Damals war ich 16 Jahre alt. Die Kripo-Beamten holten mich aus der Klasse. Ich musste meine Mutter identifizieren. Die Jahre bis zur Volljährigkeit ist Geschichte. Scheisse bauen, Lehre abbrechen, ins Ausland abhauen…
Nach vielen Windungen und Umwegen, eine gescheiterte Ehe inklusive, absolvierte ich von 1989-1991 die Hauspflegeschule in Basel. Seither arbeite ich Teilzeit in der privaten Hauspflege auf eigene Rechnung. Es ist wunderbar. Keiner der befiehlt, Vorschreibungen macht – nur die Betagten und ich.
Doch holte mich die Vergangenheit ein. In der Scheidungsphase (2001) wurde eine psychische Erkrankung diagnostiziert. Eine vererbte Form, dazu der Missbrauch. Seit 1 1/2 Jahren bin ich IV-Rentnerin. Ich – die soviel Mut, starken Willen besitze, bin krank. Gottlob habe ich keine Medikamente, war noch nie in einer Klinik, meistere das Leben so gut es geht.
In der Gewerkschaft bin ich nationale Vertreterin der Frauengruppe. Da ist die Wut am rechten Ort.
Ich kannte den damals um 15 Jahre älteren Mann aus unserem Jugendtreffpunkt. Er lockte mich zu sich nach Hause, um mir die jungen Katzen zu zeigen. Da geschah es. Ich bemerkte nicht, dass ich schwanger war. Meine Grossmutter, eine erfahrene gütige Frau, bemerkte die Veränderung. Der Test bei der Frauenärztin schaffte Klarheit. Das Spiessrutenlaufen begann. Da ich Vollweise war, bestimmte die Vormundschaftsbehörde, dass ich abtreiben muss. Ich wurde dazu nicht befragt, was ich möchte. Es wurde einfach gehandelt. Der Mann. wurde festgenommen. Ich als Opfer wurde als Täterin hingestellt, schliesslich trug ich einen kurzen Rock, und das provoziere jeden Mann. Er wurde lediglich zu einer bedingten Strafe verurteilt. Heute ist er ein angesehener, geachteter Geschäftsmann in unserer Stadt. Noch heute zerplatze ich beinahe vor Wut, möchte den Mann am liebsten in aller Öffentlichkeit ohrfeigen.
Meine Ausbildung begann ich kurz darauf. Später war mir bewusst, dass die Abtreibung das einzig richtige für mich bedeutete. Mit knapp 17 Jahren Mutter, alleine, und der Willkür der Behörden ausgeliefert zu sein, hätte mich zerbrochen. Damals wurden ledige Mütter mehr als schräg angeschaut.
Heute bin ich 51 1/2 Jahre alt, kinderlos geblieben, lebe alleine und bin zufrieden. Ihr jungen Frauen, es ist euer Körper – entscheidet alleine darüber. Keine Behörde hat ein Recht, über euch zu entscheiden.


R.K
Als ich erfuhr schwanger zu sein, fing ich sofort an zu heulen. Ich fand den Gedanken schrecklich, ein Kind zu bekommen. Ich dachte aber, ich müßte es bekommen und eine Abtreibung käme für mich nicht in Frage. Von Tag zu Tag verschlechterte sich aber mein körperlicher Zustand, auch meine seelische Verfassung wurde zu einem Albtraum. Ich litt an Albträumen, Panikzuständen, Rückenschmerzen (unerträgliche), Schwindel, ständiger Übelkeit, ich nahm 5 Kilo ab. Es ging mir so schlecht, dass ich keinen anderen Ausweg mehr sah als abzutreiben. Ich war nicht mehr ich selber und ekelte mich vor mir selbst. Nach dem Abbruch ging es mir rasch wieder besser und ich bin froh, bald wieder die Alte zu sein… Ich weiß jetzt, dass ich nicht dafür gemacht  bin, ein Kind zu bekommen und damit kann ich ganz gut leben…


Stine
Ich habe im September 2006 abgetrieben und muss zugeben, dass es definitiv die falsche Entscheidung war. Ich bin 20 Jahre alt und Abiturientin. Ich bin wirklich ungewollt schwanger geworden und habe es spät gemerkt, nämlich in der 7. Woche. Mein Freund hat es genau wie ich vermutet. Ich fragte ihn, was er tun wird, wenn der Test positiv ausfällt und er sagte, "ich bleibe bei dir und bin für euch da". Leider ist die Praxis nie so schön wie die Theorie und als wir definitiv wussten, dass ich schwanger bin, wurde aus dem lieben und rücksichtsvollen Mann, den ich kannte, ein unausstehlicher Macho. Er fasste mich nicht mehr an, küsste mich nicht mehr, ging mir aus dem Weg. Als ich ihm sagte, dass ich das Kind behalten möchte, brach er unter Tränen zusammen und sagte, dass er das nicht könne und ich es mir bitte nochmals überlegen sollte. Er setzte mich psychisch so unter Druck, dass ich keinen anderen Ausweg mehr sah als die Abtreibung. Sogar die positive und liebevolle Reaktion meiner Eltern konnte mich nicht davon abbringen. Ich habe auf ihn gehört und das Baby abgetrieben. Jetzt, über ein halbes Jahr später habe ich immer noch Albträume und Depressionen deswegen. Ich weiss, dass ich es nie hätte tun dürfen und möchte allen Frauen raten, nur abzutreiben, wenn sie es von sich selbst aus mit reinem Gewissen verantworten können, denn dann ist es ok. Macht es nicht wegen einem Mann, glaubt mir, denn ich habe es getan und habe jetzt weder Kind noch Mann, denn mit ihm möchte und kann ich nicht mehr leben. Hört auf euer Herz und lasst euch Zeit, so abgedroschen es auch klingt!


Sabine 
Ich habe mir nicht genug Zeit fürs Überlegen gelassen, aus lauter Panik, dass dann das Kind schon zu groß sein würde, als dass ich es noch verkraften würde, abzutreiben. Ich hatte zwei Wochen Bedenkzeit nach ausbleibender Menstruation. Ich habe funktioniert, wie in der Uni, wenn man sich die Hacken wund läuft, um irgendwelche Formulare zusammen zu suchen. Für positive Gefühle meinem Bauch gegenüber habe ich mir keinen Raum gegeben. Kein einziges Mal habe ich meinen Bauch (wo ja noch nichts zu sehen war) angefasst. Nur im Spiegel fand ich mein Gesicht auf einmal so schön, so schwanger… Aber ich habe weiter funktioniert wie ein Uhrwerk und die Abtreibung gemacht. Jetzt fühle ich mich unglücklich (4 Wochen später). Leute: Lasst euch Zeit!


Jasmin 29
Ich werde meinen Schwangerschaftsabbruch nächste Woche erleben. Wider Willen. Mein Freund möchte unter keinen Umständen ein Baby. Für mich bricht eine Welt zusammen und ich weiß nicht, wie ich damit leben soll, wenn das Kind erst mal weg ist. Ich fühle mich so traurig und so leer, ich könnte nur noch weinen. 
Ich habe leider keine andere Wahl. Mein Freund hat schon 2 Kinder (15 und 7), das mit 7 lebt jedoch bei der Mutter. Und ich habe einen Sohn mit 9, der jedoch leider Autist ist. Mein Freund möchte unter keinen Umständen ein weiteres Kind.
Ich jedoch würde es so gerne behalten. Ich kann an nichts anderes mehr denken und bin nur noch am weinen. Wenn ich es aber behalte und mein Freund mich vielleicht deswegen irgendwann verlässt, würde ich mit 2 Kindern (eins davon behindert) alleine dastehen. Das schaffe ich nicht.


Nicole, 18
3 Stunden ist es jetzt her. Vorher hatte ich furchtbare Panik vor dem Eingriff. Hatte zuvor noch nie lokale Betäubungen noch Vollnarkosen und auch keine OPs. Ich finde es wird ziemlich viel von Frauen, die kurz vor einer Abtreibung stehen, verlangt. [Die Beschreibung betrifft Deutschland. Anm. A.M.Rey] Kümmern um die Papiere, zur Beratungsstelle gehen, mit den Ärzten reden. Das Beratungsgespräch ist positiv und in meinem Sinne verlaufen, hätte es mir anders vorgestellt. Als ich dann heute um 13.00 zu meinem Termin in die Klinik kam, Mama und Freund im Gepäck, wurde ich abgefertigt wie im Supermarkt. Unterlagen bitte. Ich wusst erst nicht, was genau diese Frau jetzt von mir haben will, also hab ich nachgefragt. … Mit der Krankenkasse gab es auch Probleme zwecks Kostenübernahme, allerdings hat das meine Mama in die Hand genommen, wofür ich ihr dankbar bin. Das war dann alles ziemlich schnell geklärt. Dann hatte ich erst annähernd das Gefühl, hier zu sein, um eine Abtreibung vornehmen zu lassen. Mag sein, dass diese Frauen jeden Tag mit Abtreibungspatientinnen zu tun haben, aber das nötige Herz an der ganzen Sache fehlte gänzlich. Als ich dann nach dem Vorgespräch – das ich mir tröstlicher vorgestellt hätte – in Tränen ausgebrochen bin, hat man mir gesagt, ich solle ruhig weinen, ich schaffe das. Das gab mir dann mehr das Gefühl, mit Wärme und Verständnis behandelt zu werden. Dann gings zum Umziehen. Ich war froh, mein Lieblingsnachthemd dabei zu haben, um mich wenigstens etwas wohl zu fühlen. Als mich die Schwester dann in den OP holte, ging alles ziemlich schnell. Ich war froh, weil ich es einfach nicht mehr aushielt. Keine Ahnung was auf mich zukommt – endlich damit abgefunden, kein Kind zu bekommen… 
Ich leide, zumindest im Moment, kein bisschen psychisch unter dem Eingriff, was ich nicht gedacht hätte, da ich depressiv und auch in psychologischer Behandlung bin. Das Aufwachen war etwas verspult, was ich eigentlich ganz angenehm fand. Wirklich realisiert, dass ich schon "fertig" bin, habe ich erst, als ich von der Toilette wieder kam und im Bett lag. ca. 20 Minuten später habe ich mich langsam angezogen, zuvor noch 2 Schmerztabletten bekommen und etwas getrunken und bin dann raus. Was mich dort erwartet hat, war unglaublich schön und ich glaube, wenn es anders gewesen wäre, würde es mir jetzt nicht so gut gehen. Meine Mama, deren Freund, mein Freund, beste Freundin und bester Freund haben auf mich gewartet. 
Ich bin froh, diese Entscheidung getroffen zu haben, obwohl ich die letzten Tage auch noch geschwankt habe. Ich freu mich aber darauf, irgendwann ein Kind zu bekommen, eines, das ich von Anfang an als solches ansehen kann und nicht als "Ding" in meinem Bauch oder als "Störfaktor" für mein weiteres Leben. 
Ich habe mich dazu entschlossen, da ich mit dem "Vater" gerade mal 2 Monate zusammen bin, wir beide noch in der Ausbildung sind und unbedingt weiter machen wollen und ich einfach noch nicht gefestigt genug bin, ein Kind zu bekommen und großzuziehen. Sich von anderen Ratschläge holen ist okay, das habe ich zur Genüge getan. Nur hört man von diesen Leuten auch immer nur das selbe. Man muss wirklich selbst wissen, dass man das Kind nicht bekommen möchte und das mit seinem Gewissen vereinbaren können. Abtreibung ist kein Verhütungsmittel, sondern die letzte Möglichkeit für eine Frau, die nicht mehr weiter weiß. Die Zeit vor der Abtreibung, die Zeit des Entscheidens, war die schwerste für mich. Soviel Verantwortung tragen zu müssen, bin ich nicht gewohnt gewesen, es war eine Erfahrung, die ich niemandem  wünsche. Das wichtigste am Sex ist die Verhütung und mit 18 zugeben zu müssen, dass man  nicht verhütet hat, ist auch nicht gerade leicht. Solche schwachen Momente hat jeder mal, aber man sollte daraus lernen… ich hoffe, dass jede Frau, die sich zu einem solchen Eingriff entschließt, 100-prozentig sicher ist und auch dahinter steht, Personen hat, die zu ihr halten, egal wie sie sich entscheidet und Durchhaltevermögen für die Zeit der Entscheidung, aber auch danach. Es ist auszuhalten. Ich habe so entschieden, weil ich an mich gedacht habe, das beste für mich wollte. Und ich weiß, es ist okay, an mich gedacht zu haben.


Wilma
Seit 18 Jahren verhüte ich mit der sogenannten Kalendermethode. So haben wir auch unsere zwei Töchter gezeugt. Vor vier Jahren wollte ich unbedingt noch ein Kind. Mein Mann aber wollte das nicht. Also habe ich mit dem Gedanken abgeschlossen! Nun mit 42 Jahren merkte ich vor 10 Tagen, dass ich schwanger bin. Mein Zyklus hat mir einen Streich gespielt! Ich hatte ohne es zu wissen schon 2 Tage nach der Mens den Eisprung! Es war ein Schock für mich! Nochmals anfangen mit 42? Es war kein schöner Gedanke für mich, und doch, nochmals so ein süsses Baby im Arm halten… Doch die Realität ist, dass ein Kind noch viel mehr mit sich bringt als nur Sonnenschein. Realität ist auch, dass eine Schwangerschaft mit 42 gewisse Risiken birgt. Realität ist auch, dass es unser aller Leben verändert hätte, das meines Mannes, meiner zwei Töchter (10 und 6 Jahre), und zuletzt vor allem meines. Ich war gerade dabei, meine neu erworbene "Freiheit" zu geniessen, und mein Leben auch nach meinen Wünschen auszurichten. So beschloss ich, das Kind nicht zu bekommen.
Ich ging zum Arzt und erklärte ihm, dass ich das Kind nicht wollte, für mich war es eine Laune der Natur, die nichts mit Gott zu tun hat! Er stellte fest, dass der Embryo erst 28 Tage alt war. Also gab es die Möglichkeit, den Abbruch medikamentös zu machen. Am andern Tag ging ich in die Klinik und nahm 3 Tabletten ein. Doch wer glaubt, dies wäre einfach gewesen, täuscht sich! Ich habe geweint und mit mir gerungen. Am Ende siegte aber die Vernunft und die Negativliste, die leider länger war als die Positivliste! Zwei Tage später wurde ich stationär im Krankenhaus aufgenommen, wo ich zwei andere Tabletten einnehmen musste. Ich musste auf der Wöchnerinnenabteilung unter lauter glücklichen Müttern mit ihren süssen Babys auf den Abgang der Frucht warten. Wie unsensibel….frei unter dem Motto, der macht es ja sowieso nichts aus. Doch es waren die schlimmsten Stunden meines Lebens…. Wenigstens war ich in einem Zimmer mit Gleichaltrigen, die sich unterbinden liessen oder sich die Gebärmutter entfernen lassen mussten. Das bestärkte mich in der Entscheidung; Gleichaltrige die sich auch entschlossen hatten, keine Kinder mehr zu kriegen. Die Ärztin hat sich auch entschuldigt, Platzmangel.
Heute, drei Tage danach, fühl ich mich erleichtert und traurig zugleich. Ich werde meine Entscheidung nie vergessen, sie aber auch nie bereuen. Ich kann mich auf meine Partnerschaft, die jahrelang zu kurz kam, und auf meine Kinder konzentrieren, die ich gewollt habe! Ich freue mich auf unser Leben, denn so haben wir es geplant!
Ich hoffe, einigen Frauen die in meinem Alter nochmals ungewollt schwanger werden, Mut zu machen, denn ich kenne einige die mit 40 noch ungewollt ein Kind hatten, die damit nicht fertig wurden oder deren Beziehung in die Brüche ging, weil es so belastend war. Wir haben für unser Recht, selber entscheiden zu knnen, gekämpft, also sollten wir es unter gewissen Umständen auch nützen.


Gilda
Ich bin 31 Jahre alt und habe bereits einen siebenjährigen Sohn, den ich von Anfang an alleine groß gezogen habe. Mir begegnete im Januar 2007 der tollste Mann in meinem bisherigen Leben. Zwei Wochen später war ich schwanger! Auch er hat bereits eine Tochter die er alleine groß zieht. Die Kleine ist erst 1 1/2 Jahre alt.
Ich bin seit 2 Jahren Epileptikerin und nehme dafür Medikamente, diese beeinflussen die Wirkung der Pille erheblich. Mein Neurologe meinte, das sei minimal!!! Ich war auf jeden Fall sofort schwanger!
Für meinen Freund war sofort klar, daß er dieses Kind nicht will. Er hatte große Ängste um unsere Zukunft, unsere Beziehung, um unsere bereits vorhandenen Kinder….wir haben wahnsinnig viel gesprochen, gestritten, geschwiegen und ich viel geweint. Ich liebe ihn wirklich sehr und daher schlugen wirklich "zwei Herzen in meiner Brust". Auf der einen Seite diese junge Beziehung, die ich nicht gefährden wollte und auf der anderen Seite dieses "Baby", was unseres wäre.
Ich weiß aber aus der Vergangenheit und auch aus meinem Freundeskreis und aus meiner beruflichen Erfahrung als Familientherapeutin wie belastend und anstrengend so ein kleiner Mensch am Anfang für eine Beziehung ist. Hält das so eine kurze, wenn auch intensive Beziehung aus?
Ich bin sehr schnell dann zu meinem Frauenarzt, zu Profamilia….die haben mir eine Klinik hier in München empfohlen. Ich ging zum Vorgespräch und fühlte mich sehr unwohl in meiner Haut. da ich meinen Sohn per Kaiserschnitt entbunden hatte, bekam ich an diesem Tag eine Tablette mit nach Hause, die ich um 22.00 Uhr nehmen sollte, um dann am übernächsten Tag zum eigentlichen Schwangerschaftsabbruch zu kommen. Diese Tablette löst schon mal das Gewebe im Uterus und öffnet den Muttermund, damit es dann leichter geht. Außerdem brauchte ich aufgrund meiner Krankheit eine Vollnarkose. An diesem Abend haben mein Freund und ich bis 22.05 Uhr am Telefon diskutiert und gestritten. Vielleicht gibt es doch noch Hoffnung?….er blieb dabei und ich nahm die Tablette ein. Und plötzlich fiel mir ein Stein vom Herzen. Drei Wochen hatte ich über nichts anderes mehr nachgedacht, hatte dieses Thema mich Tag und Nacht verfolgt und nun war endlich eine Entscheidung getroffen. Mir war den nächsten Tag ganz furchtbar schlecht. Der Arzt hatte mir zu Cola und Salzstangen geraten und das half auch super.
Der eigentliche Tag des Abbruchs ging irgendwie ganz schnell. Ich bin in die Klinik. Die Anästhesistin sprach mit mir, sehr nett wie alles in dieser Klinik! ich zog mich aus und wartete im Aufwachraum. Dann war ich dran……..nach der Narkose bin ich aufgewacht und konnte genau zwei Stunden nach der OP nach Hause gehen.
Das war gestern. Es geht mir sehr gut. Ich schone mich natürlich und genieße wirklich dieses Gefühl, daß es vorbei ist. Ich habe dieses Kind gehen lassen und ich weiß jetzt, es war richtig. Mein Freund hat mich abgeholt und war die Nacht für mich da. Er war sehr erleichtert, mich nicht völlig aufgelöst und deprimiert vorzufinden, aber auch das hätte er sicher toll gemeistert.


Jolanda
also… bei mir war es so, dass ich schon 2 Kinder habe, sie sind 3 und 1 Jahr alt und ich bin mit meinem Freund auch erst 4 Monate zusammen…. soweit war auch alles klar.. bis ich dann so ein komisches Gefühl hatte.. ich ging mir einen Test holen und er zeigte mir positiv an… erst war die Sache klar für mich, weil es das Thema Abtreibung bei mir nicht gab. Ich war immer total dagegen… mein Freund war auch nicht sonderlich begeistert. Aber es war ja am Ende meine eigene Entscheidung was ich mache. Je länger ich darüber nachdachte, desto unglücklicher wurde ich… Ich bin gerade 21 und dann 3 Kinder?? Ich war immer mehr am Ende. Ich habe mich total überfordert gefühlt, weil meine Kinder ja noch so klein sind. Also war für mich klar, das ist eine Ausnahmesituation. Ich ging zum Arzt und sagte ihm, dass ich eine Abtreibung möchte.. Er war sehr lieb und verständnisvoll… er konnte mich verstehen.. also ging ich zur Beratungsstelle.. ich hatte total Angst davor, weil ich dachte, die machen mir da Vorwürfe.. aber es war gar nicht so, die waren total lieb und hatten auch Verständnis für meine Entscheidung. Ich ging dann also drei Tage später zu meinem Frauenarzt, er hat den Eingriff in seiner Praxis vorgenommen. Mir ging es bei der Entscheidung immer besser, weil ich dachte, ich tue das Richtige, auch wenn es nicht schön ist. Ich ging dann also hin und ich habe eine Vollnarkose bekommen. Alle dort waren wirklich lieb und verständnisvoll. Als ich wach wurde, war alles vorbei. Erst weinte ich, aber ich wusste auch danach, dass es das Richtige war. Mein Freund hat mir beigestanden und ich war erleichtert, dass es vorbei war.
Ich bin grundsätzlich immer noch gegen Abtreibung, nur gibt es Ausnahmen. [Jeder Fall ist eine Ausnahme! Anm. Anne-Marie Rey] Also wenn ich einen Tip geben soll… man sollte sich seiner Entscheidung 100% sicher sein. Dann wird auch alles wieder gut.


Lulja
Ich ging zum Frauenarzt zur Kontrolle, weil ich eine kurze Zeit Juckreiz hatte, und ich dachte, dass ich deswegen meine Monatsblutungen nicht bekam.
Nach einem Schwangerschaftstest erfuhr ich, dass ich in der 7. Woche schwanger bin. Ich weinte die ganze Zeit und dachte, ich bin erst 19 Jahre. Meine Ausbildung noch nicht abgeschlossen, kein Geld für ein Kind.
Ich bin schwanger geworden, obwohl ich immer jeden Tag die Pille eingenommen habe. Als ich das meinem Verlobten erzählte, war er sehr durcheinander, er wollte noch kein Kind, aber trotzdem sagte er, wenn ich es unbedingt will, soll ich es behalten. Sonst habe ich es keinem erzählt. Ich entschied mich für einen Abbruch und teilte das meinem Frauenarzt mit. Ich erklärte ihm, dass es mir unmöglich sei, ein Kind aufzuziehen. Das ist eine Aufgabe fürs ganze Leben und eine grosse Verantwortung, es war einfach zu viel für mich. Drei Tage später hatte ich einen Termin, um die Pille einzunehmen für einen Abbruch. Nach zwei Tagen ging ich wieder hin, um die Frucht auszustossen. Es war schrecklich das zu sehen und ich hatte starke Schmerzen. Ich wusste nicht mehr, ob das richtig war, was ich getan hatte, mit den Nerven war ich am Ende. Ich war sehr froh, dass mein Verlobter mitgekommen ist und mir die ganze Zeit die Hand hielt und probierte, mich auf andere Gedanken zu bringen.
Jetzt wo alles vorbei ist, denke ich oft an diese Zeit und bereue es nicht, obwohl ich mir ab und zu vorstelle, wie es wäre jetzt mit einen Kind.


Karina
Auch ich (32) habe einen Abbruch hinter mir. Ich hätte nie gedacht, dass ich sowas mal erleben muß.
Als ich an einem Freitag merkte, dass meine Periode eine Woche überfällig war, machte ich sofort einen Test. Als ich dann das Ergebnis sah, war ich erstmal geschockt und konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Zufällig rief da gerade eine gute Freundin an und ich fing auch schon mit Weinen an. Sie bot mir sofort Ihre Unterstützung an, sie hatte ja schon ein 7 Jahre altes Kind und ist verheiratet. Ich machte dann erstmal einen Termin zum Ultraschall aus. Ich hatte meinen Freund (29) gerade kennengelernt und meine befristete Stelle lief auch aus. Ungünstiger hätte es nicht laufen können.
Ich habe überhaupt nicht registrieren können, dass das jetzt mir passiert ist. Die Gedanken, arbeitslos, vielleicht alleinstehend mit einem Kind… Wie erklär ichs meinem Freund, wir waren gerade mal 2 Monate zusammen, wohnen 80 km entfernt voneinander. Es gab gar keine andere Möglichkeit als eine Abtreibung.
Er merkte dann am Telefon, dass etwas mit mir nicht stimmte. Ich konnte ihm nichts sagen, es war mir so peinlich. Am nächsten Tag fragte er wieder, was los sei, ich sagte ihm dann, dass ich einen Test gemacht hätte, positiv. Er war genauso geschockt. Habe ihm erklärt, dass dies meinerseits keine Absicht war. Er bot mir an, am Dienstag zu kommen und zum Arzt mitzugehen. Der brachte dann die endgültige Bestätigung. Ich konnte nicht mehr, wir haben nur noch geweint. Gleich für Mittwoch machte ich einen Termin bei einer Beratungsstelle aus. Da ging er auch mit, dann musste er wieder zurück nach München. Ich machte am Do einen Termin für Montag zur Abtreibung aus. Musste ja die gesetzliche Bedenkzeit abwarten. Aber mit  jedem Tag, der verging, merkte ich auch die Veränderungen meines Körpers. Ab dem Test war mir erstmal nur noch übel und schwindelig, ich spürte einen Kloss im Bauch, und ich konnte nicht mehr zur Arbeit, da meine Gedanken nur noch um diese Situation kreisten. Schaute jedem Baby nach… informierte mich im Internet, las viele Horrorgeschichten… ich wollte doch irgendwann mal Kinder… Aber es sollte geplant und gewollt sein.
Jeder Tag des Wartens machte es schwieriger für mich, vernünftig zu denken.
Dann kam der Sonntag, an dem mein Freund mich abholte für die Klinik, ebenfalls in München. Ich fühlte mich so zerrissen. Einerseits die Vernunft, andererseits dieses unschuldige Wesen, was da heranwachsen wollte. Als ich dann vor diesem Arzt saß, in einer normalen Frauenarztpraxis, bekam ich Panik. Der war so kalt, so sachlich. Wie bei einem toten Gegenstand. Unterschreiben sie hier und da… Ich zögerte und wollte nur noch weg. Ich verschob auf Freitag und ging raus. Im Auto meines Freundes dann die grosse Diskussion. Vernunft, etc. Er sieht in seiner Arbeit – Psychiatrische Klinik – jeden Tag, was aus ungewollten Kindern wird…
Also ging ich doch in diese ambulante Klinik, er zahlte die andere Hälfte, im Warteraum nochmal ewiges Sitzen und dann ging alles ganz schnell. Ging auf den OP-Stuhl, die Schwester fragte mich, ob ich mir da ganz sicher sei, ich bejahte. Als ich wieder aufwachte, verspürte ich erstmal Unterleibsschmerzen (bekam eine Tablette) und eine Erleichterung, dieser ganze Wahnsinn war vorbei.
Als ich rauskam, umarmte mich mein Freund gleich und wir fuhren zu ihm. Er kümmerte sich die nächsten Tage sehr um mich. Nach 5 Tagen brachte er mich dann heim.
Das Ganze ist jetzt 14 Tage her und es gibt Momente, da bereue ich diese Entscheidung und ich verspüre Traurigkeit.
Hätte ich bis zum nächsten Termin am Freitag gewartet, wäre ich sehr wahrscheinlich heim gefahren und hätte nicht mehr abtreiben können. Und vielleicht wäre daran auch die junge Beziehung zerbrochen. Wer weiss…


Evelina 22
Ich war kurz davor, mit meinem Freund, mit dem ich seit 6 Mon. zusammen bin, in den Urlaub zu fliegen. Irgendwie quälte mich der Gedanke, ich sei schwanger. "Hol dir bitte noch einen Schwangerschaftstest, bevor du fliegst. Denn wir haben einmal nicht verhütet." Das machte ich auch noch in der Notapotheke. Schwangerschaftstest positiv, ich war geschockt aber auch froh zugleich. Denn ich liebe Kinder, ich komme selber aus einer großen religiösen Familie. Mein Freund war zwar nicht begeistert, so früh ein Kind zu kriegen, aber er hat mir die Entscheidung gelassen. Im Urlaub wollte ich mir das genau überlegen, hatte ja 2 Wochen Zeit. Mir ging es schlecht, konnte nichts essen, musste im Urlaub sogar den Doktor holen. Doch so sehr ich Kinder liebe, habe ich mich doch für eine Abtreibung entschieden. Ich liebe zwar meinen Freund, doch wir haben uns öfters gestritten und ich wollte nicht später allein da stehen mit einem Kind. Meine Schwester (verheiratet) hat einen süssen Jungen und ich weiß, wie schwer das ist, wenn man alleine ist mit einem 1-jährigen Kind. Es waren mehrere Gründe, auch wegen meiner Familie. Ich bin Polin und wenn ich alleinerziehend wäre, wäre das eine Schande für meine Eltern. So war mir klar, so weh es mir tut: Abtreibung.
Ich hatte fürchterliche Angst vor seelischen Schmerzen vor der Op. Doch es ging schnell. Die Op ist gut verlaufen und ich hatte keine Schmerzen, nur leichtes Ziehen, das aber nach 2 Std weg war. Ich wollte alles genau wissen, habe sogar den Brief, den ich meiner Frauenärztin geben sollte, vorsichtig aufgemacht und den Operationsbericht gelesen. Ich war in der 9. Woche. Viele Wörter waren auf Lateinisch, ich habe mir die durch das Internet erklären lassen und wusste somit auch, was die Ärzte genau gemacht haben. Naja wie es mit den seelischen Problemen aussehen wird, wird sich noch zeigen. Irgendwie verdränge ich es, kann es nicht glauben, dass ich das übers Herz gebracht habe. Ich hoffe Gott versteht mich, denn ein zweites Mal möchte ich das nicht, sondern ich möchte mich auf mein Kind freuen. Ich kann nur empfehlen, immer zu verhüten, wenn man noch kein Kind haben möchte, denn man kann eine Abtreibung vermeiden.


Deborah 30 Jahre alt, Single
Als ich den Schwangerschaftsabbruch vornahm, war ich 28 Jahre alt. Genau am 27.2.2005. Damals hatte ich noch einen Freund. Die Schwangerschaft war nicht geplant, von uns beiden nicht.
Meine Situation war sehr unangenehm. Berufsbegleitend absolvierte ich noch die kaufmännische Schule und die kostete mich sehr viel Geld und die Beziehung zu meinem damaligen Freund, lief auch sehr schlecht.
Ich hatte es satt, immer die Pille einzunehmen und meinem Körper diese Hormonzufuhr zuzumuten und mein Freund beklagte sich, dass ich keine Lust auf Sex hatte. Also ging ich zu meinem Frauenarzt und schilderte ihm mein Problem. Ich selbst fühlte mich ein unwohl. Woher kam nur diese Unlust? Er erklärte mir, es könnte von der Pille kommen, da diese wie eine „Scheinschwangerschaft“ hervorruft. Also setzte ich die Pille ab und siehe da, meine Lust kam wieder. Um weiter zu verhüten empfahl der Arzt mir die Mirena (Hormonspirale). Ich liess sie mir einsetzen, meinem Freund zuliebe. Er war überglücklich, mir ging’s nur mieser dabei……Ich fühlte mich gar nicht wohl in meiner Haut. Also liess ich sie mir wieder rausnehmen und überlegte, wie ich nun verhüten sollte. Ich entschied mich für Kondom und Scheidenzäpfchen, mein Freund war einverstanden.
Eines Abends hatte ich sehr Lust mit ihm zu schlafen. Ich verlangte, dass er sich ein Kondom überzog. Er willigte nicht ein, es sei für ihn zu unbequem. Und so wurde ich schwanger. Meine Periode sollte um den 15. Februar 2005 kommen, sie kam nicht. Ich eilte in die Apotheke und holte mir einen Schwangerschaftstest. Ergebnis: positiv! Ich machte ihn zum 2. Mal um sicher zu gehen. Wieder positiv. Rief meinen Arzt an und machte bei ihm einen weiteren Test. Positiv!  Mein einfühlender Arzt fragte, was ich machen möchte? Behalten oder abtreiben? Ich überlegte und ohne lange zu zögern sagte ich, abtreiben. Alles sprach gegen ein Kind. Mein Arzt und ich vereinbarten einen 2. Termin mit Freund.
Zu Hause erzählte ich es meinem Exfreund. …er sagte, das Kind kommt nicht in Frage, seine Karriere sei ihm wichtiger und wenn ich das Kind behalten würde, würde er mich verlassen. Also, sehr schlechte Aussichten für das Kind. In meinem Herzen verspürte ich eine unglaubliche Trauer. Es tat mir sehr weh, diese Seele wieder ins Universum zu schicken. Trotzdem, der Entscheid abzutreiben war zu diesem Zeitpunkt richtig.
Beim 2. Besuch bei meinem Arzt machten wir einen Ultraschall. Ich habe mir dieses Lebewesen angesehen und bedankte mich innerlich, dass es in mir sein durfte. Mein Freund wagte keinen Blick auf den Monitor. Mein Arzt meldete mich gleich darauf im Spital an. Ich hatte mich für die medikamentöse Abtreibung entschieden.
25. Februar 2005. Die Ärztin dort löcherte mich mit Fragen, wieso, warum und weshalb ich abtreiben wollte. Sie versuchte mich umzustimmen und das Kind zur Adoption freizugeben. Ich entgegnete, Kinder müssen bei leiblichen Eltern aufwachsen und nicht bei fremden Personen! Ich wich nicht ab von meinem Standpunkt.
Nach der Befragung und Untersuchung gab sie mir die 3 Tabletten und eine Spritze, da ich Rhesus negativ bin. Nach der Einnahme dieser Tabletten verspürte ich nichts.
27. Februar 2005. Um 14 Uhr brachte mich mein Freund ins Spital. 10 Min später traf der Arzt ein und gab mir die zwei Prostaglandintabletten. Es verging weniger als eine halbe Stunde, da fing ich auch schon an zu bluten… Ich hatte die typischen Nebenwirkungen: Übelkeit und Brechreiz. Ich hatte Schmerzen. Es kam mir so vor, als ob das Kind eigentlich nicht gehen wollte… ich musste 4 Std. im Spital bleiben. Mein Freund verliess mich und ging zu seinen Eltern, weil ihm das wichtiger schien, dass er seine Eltern schon 1 Woche nicht mehr gesehen hatte. Somit musste ich dies alleine durchstehen.
Die Schmerzen wurden heftiger. Der ganze Klumpen in der Gebärmutter wollte nur raus. 1 Std. bevor ich nach Hause gehen durfte, kam mein Freund wieder und holte mich ab. Zu Hause angekommen ging’s noch 45 Min und dann schied ich alles aus. Die Binde war voller Blut… Daraufhin heulte ich nur noch los für sicherlich 1,5 Std. und mein Freund wusste nichts besseres als mir nur über den Kopf zu streicheln, statt mich in die Arme zu nehmen und mir die nötige emotionale Unterstützung zu geben, die ich in diesem Moment so dringend gebraucht hätte.
Am nächsten Tag war ich sehr erleichtert… Das Kind hätte mir nur finanzielle Sorgen gebracht und zu diesem Zeitpunkt konnte ich für es nicht sorgen und da sein Vater sowieso nicht die Verantwortung übernehmen wollte, war es für mich das Beste. Die Beziehung zerbrach einen Monat später.
Heute sage ich, ich habe eine schlimme Abtreibung durchgemacht. Es tut mir heute noch weh, weil ich dies schweren Herzens tun musste und Kinder über alles liebe. Der Entscheid war aber für mich richtig, da mein damaliger Freund nicht zu mir gestanden ist und mir auch keine emotionale Stütze geben konnte. Ich hatte mich von ihm nie verstanden gefühlt und er gab mir das nicht, was ich in der Beziehung brauchte. Einfach nur Liebe!
Dieser Seele gedenke ich jeden 27.2. mit einer Kerze, weil sie – auch wenn nur für eine kurze Zeit – bei mir sein durfte.


Wibke
In meiner ersten intensiven Verliebtheitsphase habe ich mich ohne Kondom entjungfern lassen, ich war damals 20, es war der Spätsommer 1995. Einige Wochen später stellte ich morgige Übelkeit fest, ich ging zu meinem Frauenarzt und dieser bestätigte mir, dass ich schwanger war, ca. 10 SSW.
Da ich gerade in der Ausbildung und noch am Anfang meines Lebens stand, war mir klar, dass ich eine Abtreibung wollte. Mein damaliger Freund war ein Taugenichts mit krimineller Energie, der auch auf keinen Fall ein Kind wollte.
Ich bin zur Familienberatung gegangen, dies war im 1995 so eine Art Pflichtbesuch und ich musste mich beraten lassen, da es ja durchaus auch andere Möglichkeiten gegeben hätte (Kind bekommen und zur Adoption freigeben – Kind bekommen und Hilfe vom Staat annehmen, Sozialämter, etc.). Die Möglichkeiten kamen für mich jedoch nicht in Betracht, so dass ich mich endgültig für eine Abtreibung entschied.
Der Tag der Abtreibung rückte näher, ich machte mir sämtliche Gedanken und habe eigentlich kein ungutes Gefühl gehabt (welches von der Presse damals kommuniziert wurde). Lediglich meine Mutter hatte am Morgen der Abtreibung von dem "Vorfall" erfahren, da ich zu dem Zeitpunkt zu Hause lebte und die Unterlagen für die Abtreibung auf meinem Schreibtisch habe liegen lassen – Mütter finden so etwas sofort, Stress war vorprogrammiert.
Nach einer morgendlichen Diskussion mit meiner Mutter bin ich dann zur Klinik gefahren, mein Frauenarzt hat die Abtreibung selbst vorgenommen, die Betreuung vor dem Eingriff im OP war vorbildlich, alle Beteiligten (Anästhesist, Assistenten) waren sehr zuvorkommen und nett.
Nach dem ambulanten Eingriff bin ich in einem sog. Aufwachraum aufgewacht und habe sofort die Erleichterung gespürt, ich hatte glücklicherweise keine Schmerzen und keine unangenehmen Gedanken, im Gegenteil, ich hatte ein sehr gutes Gefühl. Ich konnte zum ersten Mal nach einigen Wochen wieder aufatmen, mein Leben weiterleben, mich um meine Ausbildung kümmern und Lebenserfahrung sammeln. Nach dem Eingriff habe ich umgehend die Pille genommen, die Beziehung zu meinem Freund hielt nicht mehr lange, er verschwand aus meinem Leben. Nach diversen Beziehungen lebe ich heute glücklich verheiratet mit einem zuverlässigen Partner zusammen. Die menschlichen und auch finanziellen Grundlagen sind geschaffen, um sich bewusst für ein "neues Leben" zu entscheiden.
Ab und zu denke ich schon noch an die Situation, jedoch habe ich bis heute keinerlei Schuldgefühle oder ähnliche negativen Gedanken.


Sarah, 28 Jahre
Vor ca. 2 Wochen erfuhr ich, daß ich schwanger bin. Wie schon vor etwa 5 Jahren wiederholte sich alles, so schien es mir. Gerade eben vom Freund verlassen, an der Schwelle zum beruflichen Aufstieg, allein und allergisch gegen sämtliche Verhütungsmethoden. Damals ging ich – wie in Deutschland vorgeschrieben – zum Vorgespräch, leider in eine kirchliche Einrichtung. Man empfahl mir einen ambulanten Abbruch, nachdem ca. 1 Std. versucht wurde, mir ein Kind fast "aufzudrängen". Das finanzielle Geschehen sei doch völlig egal……laut den Damen. Ich brachte alles hinter mich, den Abbruch ohne Narkose nur mit einem einfachen Schmerzmittel. Es war eine Qual mit starken Schmerzen.
Vor 2 Wochen dann die niederschmetternde Mitteilung: Wieder schwanger. Alles, was ich schon erlebt hatte, kam wieder in meine Gedanken: die Schmerzen, der tagelange Ausfall im Beruf, die völlig feindliche Anti-Abbruch-Beratung….. durch einen Tip bekam ich die Möglichkeit, die Beratung im Gesundheitsamt durchzuführen. Eine völlig nette und aufgeschlossene Angestellte gab mir sofort, nach der Frage des Warum und Weshalb-Geschehens die Adresse eines Frauenarztes, der mit Mifegyne "behandelt". Nach 10 Min wünschte sie mir alles Glück der Welt und ich könne bei Problemen jederzeit wiederkommen. Sie hätte vollstes Verständnis für meine Situation.
Ich nahm mit dem Frauenarzt Kontakt auf, der klärte mich auf und 3 Tage später bekam ich 3 Tbl. Mifegyne. Das Wochenende danach spürte ich keinerlei Reaktionen meines Körpers, im Gegenteil: Ich hatte sogar endlich wieder Hunger ;). 2 Tage später dann die Prostaglandine, mußte in der Praxis warten. Es geschah nichts. Gegen Mittag bekam ich dann noch einmal Prostaglandine. Wieder nichts. Der nette Doc schickte mich dann heim und ich sollte am nächsten Tag wiederkommen. Am Abend begann plötzlich eine Blutung, nicht einmal stark, ohne jegliche Krämpfe und Schmerzen. Der Doc bestätigte mir am nächsten Tag, daß alles vorbei sei. Ich konnte es nicht fassen, nach all dem, was ich im Internet gelesen hatte an Horrorgeschichten – keinerlei Beschwerden in meinem Fall. Ich möchte allen Frauen Mut machen, die einen Abbruch nicht umgehen können, es auf diese Weise (solange es noch zeitlich geht) zu machen.


Susi
Ich bin glückliche Mama eines 9-Jährigen, ihn bekam ich mit 18 Jahren und war trotz Beziehung immer alleine. Leider bin ich jetzt das 3. Mal ungewollt schwanger und hab sehr mit meinen Schuldgefühlen zu kämpfen. Beim ersten Abbruch (vor 2 Jahren) konnte der Frauenarzt keine Schwangerschaft feststellen und nach 3 Tests (alle negativ, auch beim Frauenarzt) bekam ich Medikamente für 10 Tage, danach sollte ich meine Periode wieder bekommen. Es war aber nicht so, nach 2 Wochen hatte ich meine Periode immer noch nicht. Ich ging zu einem Heilpraktiker und zum Hausarzt, die mir sagten, dass etwas mit meinem Hormonhaushalt nicht stimme. Eines Abends bekam ich starke Bauchschmerzen und eine Freundin fuhr mich ins Krankenhaus – ich war Ende 7.Woche – ein Schock. Ich rief meinen Freund an, mit dem ich 5 Jahre zusammen war. Er schrie mich an und sagte, er bezahlt es, aber er will auf keinen Fall dieses Kind. Am Anfang überlegte ich sehr viel und redete auch mit meinem Frauenarzt, der mich auch noch aufmerksam darauf machte, dass ich dieses Medikament genommen hatte und das Kind evtl eine Behinderung haben könnte. Meine Entscheidung stand ein paar Tage später fest, ich hatte den Abbruch im Krankenhaus, eine Std. danach durfte ich nach Hause und es war eine Erleichterung für mich.
Beim 2. Mal, ein Jahr später, ist das Kondom gerissen und ich war wieder schwanger, mein Arzt konnte wieder nichts erkennen, aber der hcg-Wert stieg alle 2 Tage an und ich musste regelmässig zur Kontrolle. Er konnte aber einfach nichts sehen und schickte mich mit einer Einweisung (Verdacht auf Eileiterschwangerschaft) ins Krankenhaus. Sie konnten auch keine Fruchtblase sehen und behielten mich im Kh. Nach 3 Tagen ging ich auf eigene Gefahr nach Hause. Am nächsten Tag war ich wieder bei meinem Frauenarzt, der mir versicherte, dass etwas nicht stimmte und ich ins Krankenhaus müsse. Meine Nerven machten das alles nicht mehr mit und ich entschied mich für den Abbruch, auch wenn ich nicht genau wusste, was los war. Seit 5 Monaten habe ich eine neue Beziehung und stehe heute wieder vor der Entscheidung, behalten oder nicht! Dieses Mal ist es sehr schwer, ich fühle mich schuldig und schlecht. Wie viele hier beschreiben, es gibt fast keinerlei Infos, wo einem nicht vorgehalten wird, dass man einen "Menschen" tötet. Ich weiss, dass es für mich und meinen Sohn das Beste ist, wenn ich es nicht behalte. Ich werde nächste Woche wieder ausziehen, da mein Freund und ich uns absolut nicht mehr verstehen.
Es ist alles so traurig, aber ich bin froh, diese Seite gefunden zu haben…
Ich wünsche allen Frauen das Beste und wir sind bestimmt keine schlechteren Menschen, weil wir uns für das Richtige und Beste für uns entscheiden.


Leonor
Ich bin Peruanerin, und schreibe aus Peru. Zwar habe ich meine Kindheit in Deutschland verlebt, arbeite aber jetzt seit 15 Jahren wieder in meinem Heimat-Land. Ich bin nicht verheiratet und habe einen Freund, insgesamt haben wir 4 Kinder. Obwohl wir verhütet hatten, bin ich schwanger geworden. Das Kondom ist kaputt gegangen. In Peru ist Abtreibung verboten, und ich selber war früher sehr skeptisch gegen Abtreibung, da ich selber katholisch bin. Da ich aber meine Schwangerschaft sofort bemerkt habe, sind wir zum Frauenarzt gegangen, damit er uns helfe. Wir können uns kein fünftes Kind leisten. Aber er, und zwei andere haben mich nur ausgeschimpft und mich als "amoralisch" und "unverantwortlich" qualifiziert. Es war demütigend. Wir, erwachsene Menschen, dürfen keine freie Entscheidung treffen und werden wie kleine Kinder behandelt. Schliesslich haben wir einen Arzt gefunden, der für 250'000 chilenische Peseten (317 Euro, 485 Schweizer Franken) eine illegale Abtreibung vornahm.
Alles wurde sehr leise besprochen und abgemacht. Nicht mal die Sekretärin durfte es wissen. Die Abtreibung hat in seiner Praxis, sehr früh am Morgen, stattgefunden. Es war dunkel, die Apparate waren alt, und ich hatte Angst, krank zu werden oder zu verbluten. Zum Glück war die Abtreibung sehr frühzeitig, sechs Wochen nach meiner letzten Menstruation. Ich habe 5 Tage lang geblutet und habe es natürlich niemandem erzählen können. Es wäre schön gewesen, wenn meine Mutter mit mir da gewesen wäre. Aber niemand konnte mich begleiten, weil es ja illegal ist. Ich habe mich sehr alleine gefühlt und hatte grosse Angst.
Aber heute fühle ich keine Angst und keine Schuld, denn ich weiss, dass wir diese Entscheidung mit Liebe und Verantwortung trafen. Mein Partner sagte mir: Ich möchte, dass du deine Arbeit nicht verlierst, und dass du dein Stipendium für das Studium nicht verpasst. Ich möchte, dass du glücklich bist. Ich sagte ihm: Ich möchte, dass wir mit unseren vier Kindern gut leben können, dass sie alle studieren können, und dass du nicht Überstunden arbeiten musst, um ein fünftes Kind ernähren zu können.
Es gibt kein Post-Abtreibungs-Syndrom!! Das ist eine Erfindung der Ärzte und der Pfarrer. Wenn eine Frau in aller Ruhe eine Entscheidung trifft, und wenn sie, vor allem von ihrem Partner und ihrer Familie, geliebt und verstanden wird, dann gibt es keine Schuld, sondern Liebe. Embryonen sollten nicht wichtiger sein als eine lebende Frau, die ein Lebensprojekt hat.


Monika
Es ist eine Woche her seit dem Abbruch. Es waren finanzielle Gründe, die Partnerschaft ist noch sehr jung, und ich habe Angst vor der Schwangerschaft und der Geburt. Ich bin Künstlerin und weiss nicht, wie ich Kind und Beruf vereinbaren soll. Mein Partner hat den gleichen Beruf wie ich und es ist schwer genug, überhaupt über die Runden zu kommen. Ich bin 41, zum ersten Mal schwanger, und manchmal denke ich, vielleicht war es das letzte Mal. Die Schwangerschaft war sehr unangenehm, ich habe eigentlich den Zustand gehasst. Was schön war, war die aufkeimende Liebe zu dem Wesen. Die Entscheidung fiel leicht, nur waren die Gefühle schwer auszuhalten, man bekommt einen Bezug zu dem Kind. Ich bin eigentlich gegen Abtreibungen, finde aber ungewolltes Austragen schlimmer. Ich erlebte meine Schwangerschaft als falsch, hatte das Gefühl, das Wesen möchte gar nicht in meinem Körper sein. Glücklicherweise führte meine Frauenärztin den Abbruch durch, das war ein Geschenk. Die Kasse bezahlte den Eingriff, es ging alles schnell und unbürokratisch, hier ein Lob einmal für unsere Institutionen. Der Eingriff selbst tat schon weh. Aber die Atmosphäre war gut. Schwanger wurde ich wegen eines verspäteten Eisprunges. Ich habe nun Angst vor der Zukunft. Ich möchte so etwas nicht mehr erleben. Ein Kind möchte ich aber auch nicht.


Lisa
Bei mir ist der Abbruch noch nicht vollbracht. Ich habe in einer Woche den Termin. Tja, schwanger geworden bin ich durch einen One-night-stand und ich hätte nie damit gerechnet. Klar ist, dass wir keine Kondome benutzt haben. Warum auch immer. Eigentlich habe ich mich in den Mann verliebt und versuchte auch ihn zu halten, aber als dann durch einen Zufall – ich hatte einen Autounfall, musste geröntgt werden – auskam, dass ich schwanger bin, hatte ich nur noch Hassgefühle gegen ihn. Trotzdem habe ich es ihm mitgeteilt. Ich habe bereits eine Tochter, meine familiäre Situation ist sehr chaotisch, bin noch nicht offiziell von meinem Mann getrennt und jetzt auch noch schwanger. Habe geheult und heule heute noch extrem viel. Die Warterei bis zum Termin ist unerträglich. Gedanken wandern und wandern und wandern. Ich bin mir sicher, dass ich das Richtige tue, aber ein winziger Teil in mir versucht mir immer wieder das Gegenteil einzureden. Aber ich bin stark. Ich bin auch froh, steht mir der "Kindesvater" zur Seite. Denn von Freunden und Familie bekomme ich schon Verständnis, aber es tut gut, dass er dabei ist. Ich habe Angst vor dem Eingriff, wahrscheinlich nicht gerechtfertigt. In einer Woche ist alles vorbei. Und ich weiss, dass es die einzig richtige Lösung ist. Allen die in der gleichen Lage sind wie ich: Hei, das Leben geht weiter und die Welt wird sich auch für jeden Einzelnen weiterdrehen.


Lea
Vor ca. einer Woche habe ich einen Abbruch vollziehen lassen. Ich war in der 10. Schwangerschaftswoche. Wir haben immer mit Kondom verhütet. Als meine Regel ausblieb, machte ich einen Test, der positiv ausfiel. Ich ging zur Frauenärztin, kam mit ihr aber nicht wirklich klar, sie war sich nicht sicher, ob eine Schwangerschaft bestehe. So hatte ich also keine Gewissheit. Nach ca. zwei Wochen begann bei mir eine heftige Übelkeit und ich liess mich in eine Klinik einweisen. Dort wurde die Schwangerschaft endlich festgestellt. Ich hatte ambivalente Gefühle.
Ich musste einige Tage auf der Station bleiben. Tage, in denen ich voll Zweifel war. Ich wurde von einer Frau beraten, die dort beim Sozialdienst tätig ist. Sie hat mir das Gefühl gegeben, völlig gegen eine Abtreibung zu sein, sagte, es sei gegen das Gesetz.
Nachdem ich aus der Klinik entlassen wurde, bin ich zu einem anderen Frauenarzt gegangen. Dort fanden meine Argumente endlich ein verständnisvolles Ohr. Danach ging ich zu Profamilia. Ich hatte Angst vor Vorhaltungen und Belehrungen. Aber zu meiner grossen Erleichterung habe ich nichts davon erlebt. Ich wurde geduldig angehört und beraten. Über den Frauenarzt bekam ich dann einen Termin in einer Klinik. Ich wurde über den Eingriff, die möglichen Nebenwirkungen, und die Vor- und Nachbehandlung informiert, was mich aber nicht völlig beruhigte.
Dann bin ich morgens in die Klinik gekommen und bekam erst ein Zäpfchen, welches ich mir selbst einführen sollte. Ich wusste, nun gibt es kein zurück mehr. Drei Stunden ging es aber noch bis zum eigentlichen Eingriff. Ich wurde sehr freundlich behandelt. Dennoch war ich sehr nervös, hatte Angst vor Komplikationen.
Ich bekam eine Narkose intravenös und wachte dann wieder im Zimmer auf. Die Narkoseärztin fragte kurz, wie es mir ginge und befand, meine regelschmerzartigen Beschwerden seien normal. Ich war froh, keinen Vorwurf in ihren Augen gesehen zu haben. Später bekam ich etwas zu essen. Am Nachmittag kam der Assistenzarzt und ich fragte ihn, wie der Eingriff verlaufen sei. Er meinte, es dauerte nur fünf Minuten und sei normal verlaufen. Das beruhigte mich. Insgesamt war es also okay, aber dennoch eine schwierige Situation.
Vorher war ich mir sicher, dass mein Entscheid gut begründet war. Der Gang zu Profamilia hat mich darin bestärkt, und Freunde und Familie haben mich unterstützt, was es mir einfacher gemacht hat.
Als ich aus der Narkose erwachte, war ich einerseits sehr erleichtert andererseits habe ich geweint, denn diese Entscheidung habe ich nicht mal eben so gefällt. Es war ein langer, anstrengender Prozess des Für und Wider-Erwägens. Auch hatte mein Partner mich unter Druck gesetzt, den Abbruch als Mord bezeichnet und mir Vorwürfe gemacht. Das hatte mich enorm belastet. Ich habe mich deshalb von ihm getrennt, da mich seine Einstellung tief verletzt hat.
Sehe ich heute junge Mütter mit ihren Kindern, bin ich erleichtert, denn ich bin mir sicher, es wäre eine grosse Belastung für mich gewesen und hätte mich total unglücklich gemacht. Und letztlich auch das Kind. Trotzdem habe ich Schwierigkeiten, das vollkommen hinter mir zu lassen.
Vielleicht dauert es daher noch eine Weile, aber ich habe durch den hohen Informationswert auf dieser Homepage dazugelernt, und dass ich hier schreiben konnte hat mich erleichtert.


Jana
Es ist jetzt etwa 10 Monate her, als ich erfuhr ich sei in der 6. Woche schwanger. Ich war 19 Jahre alt und in dem Moment dachte ich nur, dass mein ganzes Leben vorbei sei…
Dass es zu dieser Schwangerschaft kam, war teilweise mein Verschulden. Man sagte mir, es sei für mich so gut wie unmöglich Kinder zu bekommen aufgrund einer Pilzerkrankung, die sich schon viel zu weit "nach oben" gearbeitet hatte.
Ich nahm es dann mit der Verhütung nicht so genau und eines Tages ist es dann doch passiert… Nach einigen Tagen habe ich mich doch damit "anfreunden" können Mutter zu werden, allerdings stand niemand zu mir. Meine Familie war absolut dagegen und sagte mir, dass ich, wenn ich mich dafür entscheiden würde, alleine dastehen würde… Mit dem Erzeuger war ich auch nicht mehr zusammen und wollte auch so wenig wie möglich mit ihm zu tun haben…
Ganz alleine, in dem Alter, ohne Ausbildung, ohne finanzielle Sicherheiten. Ich habe eingesehen, dass es keine Vorraussetzung für ein neues Leben ist und habe mich für eine Abtreibung entschieden. Ich denke dass es die schwerste Entscheidung ist, die man als Frau treffen kann.
Mein Kind wäre jetzt 5 Wochen alt und wenn ich drüber nachdenke, was ich bis heute täglich mache, dann bin ich überwiegend froh über meine Entscheidung.
Vor dem Eingriff selber braucht man keine Angst zu haben. Etwa 3-4 Std. vorher bekam ich ein Zäpfchen, das den Muttermund öffnet (davon bekam ich kaum etwas mit, ein leichtes Ziehen vielleicht). Die Narkose dauerte etwa 10 Minuten und dann war auch schon alles vorbei.
Psychisch packt es jede anders…
Es fühlt sich gut an, dass ich meine Geschichte niederschreiben konnte und zu wissen, dass sie jemand liest, der völlig neutral ist…


Sabine
Ich bin 22 Jahre alt und lebe in Bayern. Es fällt mir nicht schwer über meinen Schwangerschaftsabbruch zu schreiben, da ich mir sicher bin die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Ich habe in der sechsten Woche die Schwangerschaft vermutet und einen Test gemacht – positiv – ein Schock!! Am gleichen Tag habe ich einen Termin beim Arzt abgemacht. Der Arzt war sehr nett, was das Problem für mich allerdings nicht kleiner machte. Ein Kind passt nicht in mein Leben – jetzt noch nicht – und ich nicht in das Leben eines kleinen Menschen, der auf mich angewiesen ist… Durch das Fortbestehen der Schwangerschaft hätte ich meine Arbeit verloren, zwangsläufig auch meine Wohnung, da ich in einer Dienstwohnung lebe. Finanziell komme ich gerade so aus, ich hätte zurück zu meinen Eltern gehen müssen, zurück in die Unselbständigkeit. Hinzu kommt, dass ich in dieser Zeit sehr viel getrunken und geraucht habe. Wie gesagt, meine Entscheidung stand fest.
Am nächsten Tag ging ich zum Beratungsgespräch und erhielt einen Termin in einer ambulanten Klinik. Ich musste die nächste Woche bis dahin irgendwie überstehen. Das war die schlimmste Zeit, mal abgesehen von der ständigen Übelkeit hatte ich grosse Angst vor dem Eingriff. Ich war das reinste Nervenbündel. "Meine Kinder" (ich bin Erzieherin) hatten es nicht leicht mit mir, da ich ständig gereizt und nervös war.
Am Tag des Eingriffs, zu dem mich zwei Freundinnen begleiteten, habe ich mich ständig übergeben. Ich hatte ein Vorgespräch mit der Ärztin, in dem sie mir genau erklärte wie alles ablaufen wird. Ich wurde in ein Zimmer mit vier Betten gebracht, legte mich in eins und bekam ein Beruhigungsmittel. Wie lange es dauerte bis ich dann in den OP gebracht wurde, weiss ich nicht mehr.
Ich bekam das Narkosemittel, mir wurde heiss… dann bin ich in dem selben Raum indem ich vorher gewesen bin, wieder aufgewacht. Ich habe sehr geweint. Die Schwester brachte mir Taschentücher und sagte, ich solle versuchen noch etwas zu schlafen – das konnte ich nicht, ich hatte Schmerzen. Nach etwa zehn Minuten waren sie vorbei. Ich bekam jede Menge Tee und Butterkekse. Nach ca. einer Stunde kam eine Schwester um mit mir ein paar Schritte zu gehen und meinen Blutdruck zu messen.
Bald danach durfte ich mich anziehen und hatte noch ein Nachgespräch, dann durfte ich nach Hause… Ich fühlte mich erleichtert, auch jetzt noch.
Ich möchte mal Kinder haben, ganz viele – aber mit einem Mann, den ich liebe und den richtigen Vorraussetzungen für eine Familie. Wenn ich kleine Kinder sehe, überlege ich mir wie es wohl gewesen wäre eine Mama zu werden, ein bisschen macht mich das schon traurig, aber ich habe ja noch genügend Zeit das herauszufinden.


Liliana
Ich habe vor zweieinhalb Wochen erfahren, dass ich schwanger bin. Ich hatte das Gefühl, dass meine Menstruation schon lange her war, und meine Brüste schwollen an. Als auch noch die Übelkeit kam, machte ich einen Test – positiv. Obwohl ich schon seit über 9 Jahren mit meinem Freund zusammen bin, war die Nachricht ein Schock für uns beide. Mit einem Kind hatten wir nicht gerechnet. Es begann eine qualvolle Zeit für mich. Wegen Weihnachten waren alle Kliniken geschlossen, und meine Frauenärztin war in den Ferien. Wir hatten also 2 Wochen Zeit, uns zu entscheiden wie es für uns weitergehen sollte. Ich würde lügen würde ich sagen, dass meine Entscheidung sofort fest stand. Es gab Augenblicke, da streichelte ich mir über den Bauch und sprach mit ihm, und dann wiederum Momente, an denen ich mir wünschte, dass alles nur ein Traum sei. Wir sprachen sehr viel über die Möglichkeit es zu behalten, und die, es wegmachen zu lassen. Wenn sich das Paar liebt und eine Zukunft zusammen plant, müssen beide die Entscheidung treffen. Und so haben wir uns zur Abtreibung entschlossen.
Nach einem Ultraschall wurden wir zu einem Beratungsgespräch gebeten. Wir entschieden uns für die medikamentöse Methode. Mein Freund stand mir in jeder Minute zur Seite, und das meine ich wörtlich. Das hat mir sehr geholfen, da ich mich sonst schon sehr alleine fühlte. Nach der Einnahme der drei Mifegyne Tabletten konnte ich nach Hause. Ich dachte für mich: "So, jetzt gibt's kein zurück. Jetzt kann ich nur hoffen, dass es wirklich die richtige Entscheidung war." Ich hatte eine starke Übelkeit und psychisch war ich auch ganz angeschlagen. Mir ging alles zu langsam, ich wollte nur, dass es vorbei ist. Der Tag zwischen den zwei Einnahmen war der reinste Horror. Als ich am folgenden Tag das Prostaglandin bekam, traten auch rasch die Krämpfe ein. Die Blutungen wurden stärker, und ich wartete auf die Ausscheidung der Frucht. Als dies geschah, wusste ich nicht was tun. Ich musterte es und dachte: "Das war's." Mein Baby war nun keins mehr.
Heute war mein erster Tag nach der Einnahme. Ich war bereits arbeiten, und obwohl es meine Chefin wusste, behandelte sie mich mit einer Gleichgültigkeit…. Das gibt einem ein komisches Gefühl. Ist es nicht mehr wichtig, wie man sich entscheidet? Gehört eine Abtreibung zum Alltag? Für mich nicht, und ich muss sagen, dass es eine schwierige Entscheidung war, auch wenn ich überzeugt bin, dass es die richtige war. Die Ärzte und Schwestern waren wunderbar, so hilfsbereit und menschlich. Das war schön, und machte den Eingriff einfacher. An alle Frauen, die sich jetzt in diesem Moment überlegen, was sie tun müssen: Sprecht mit einer vertrauten Person, oder mit dem Partner, und nehmt euch Zeit!


Fabienne, 37
Vor 5 Jahren wurde ich ungewollt schwanger. Ich lebte in einer festen Beziehung und wir hatten schon 2 Töchter (18 Monate und 6 Monate alt).
Ich fühlte mich teilweise überfordert mit meinen beiden kleinen Kindern und meine Partnerschaft war angespannt. Ich fühlte mich oft alleine und konsumierte heimlich Alkohol. Unerwartet ein 3. Kind! Das war für mich zu früh und zu dem Zeitpunkt zu viel. Ich klärte ab, wer mich unterstützen, entlasten könnte. Fand keine ermutigenden Ohren und Hände. Entschloss mich zu einem Schwangerschaftsabbruch.
Alles ging sehr schnell. Nach den nötigen Formalitäten kam der praktische Teil, welcher in einer Klinik stattfand. Am Morgen um 7 war der Eingriff und um 15.00 Uhr funktionierte ich wieder als Mutter für meine beiden Töchter, als ob nichts gewesen wäre. Das schlimmste war das Gefühl, eine Kriminelle zu sein; das war vom Personal der Klinik und von meinem Partner gut zu spüren.
Meine Entscheidung war damals für mich richtig. Doch bis heute habe ich meine Trauerarbeit gegenüber dem ungeborenen Geschöpf nicht abgeschlossen. Es war ein Verdrängen von meinem schlechten Gewissen und Angst, mich mit meinen Trauerschmerzen zu konfrontieren.
Erst jetzt, wo ich einsehe, dass ich traurig sein darf über den Verlust und mir nicht weitere Vorwürfe machen will, hoffe ich, dass ich endlich eine innere Ruhe finden kann. Mein Alkoholproblem habe ich seit 3 Jahren im Griff und lebe immer noch mit demselben Mann, und meine beiden Töchter sind inzwischen 7 und 6 Jahre alt.


Alexandra
Ich bin 35, habe vor einem halben Jahr meine eigene Firma gegründet, lebe mit meinem Lebenspartner schon sehr lange Zeit zusammen, wir haben gemeinsame Hobbies und ein ausgefülltes Leben und ein Kind kam für mich und meinen Partner nicht in Frage.
Als ich dann feststellte, dass ich trotzdem schwanger war, hatte ich ca. 2 Stunden das Gefühl, ich müsste das Kind vielleicht doch behalten, da ich ja nicht mehr die Jüngste bin und wenn nun das Schicksal meinte ich müsste schwanger sein… Nun ja, das dauerte wie gesagt nur sehr kurze Zeit. Sofort rief ich meine Gynäkologin in Zürich an.
Einen Tag später sass ich bei ihr in der Praxis, sie machte den Ultraschall und ich schaute mir das Bild auch an. Das war für mich wichtig, denn dadurch konnte ich meine Entscheidung noch einmal überprüfen. Ich hatte weiterhin keine Zweifel an meinem Wunsch nach dem Abbruch. Und auch die Methode war für mich klar: Medikamentöser Abbruch mit Mifegyne. Dies weil ich ihn schon rasch durchführen konnte und mich nicht noch länger schwanger fühlen musste bzw. ich noch sehr wenig von der Schwangerschaft spürte.
Meine Ärztin verwies mich an ein Zürcher Spital, das diese Methode durchführt. Einen Tag später wurde ich dort noch einmal untersucht und führte mit der behandelnden Ärztin ein intensives und konstruktives Gespräch.
Exakt heute vor einer Woche habe ich mit der medikamentösen Abtreibung begonnen und drei Tabletten Mifegyne geschluckt. Die zwei Tage bis zur Prostaglandin-Einnahme ging es mir physisch sehr gut, psychisch etwas weniger. Und zwar nicht, weil ich meine Entscheidung bereute, sondern weil ich nicht genau wusste, was auf mich zukommt und ich Angst vor Schmerzen und Übelkeit hatte.
Als ich 2 Tage später im Spital dann endlich die zwei Cytotec nehmen konnte, war ich erleichtert. Und wartete auf die Schmerzen. Doch die kamen nicht bzw. nur moderat. Ich konnte mich im Spital frei bewegen, essen und fühlte mich erleichtert, erleichtert und nochmals erleichtert.
Da ich vier Stunden nach der Cytotec-Einnahme lediglich eine schwache Blutung hatte, erhielt ich noch einmal zwei Cytotec; dieses Mal vaginal. Danach konnte ich nach Hause. Ich hatte zwar weiterhin leichte Krämpfe, doch ich fühlte mich gut. Auch als ich dann nicht mehr nur Blut, sondern auch Gewebe und Fruchtsack vorfand, ging es mir gut. Meines Erachtens ist das reine Panikmache, wenn einem Ärzte, Websites, Abtreibungsgegnerinnen,etc. weis machen wollen, man kriege eine Psychose beim Betrachten der abgegangenen Frucht und daher sei die medikamentöse Abreibung viel schlimmer, als die chirurgische!
Ich war zwar noch nicht bei der Nachkontrolle, doch ich fühle mich rein gar nicht mehr schwanger und einfach nur erleichtert. Die einzige Nebenwirkung war ein starker Durchfall, einen Tag nach der Cytotec Einnahme. Doch ansonsten ging es mir immer gut. Ich bereue meine Entscheidung nicht und ich fühlte mich gut betreut. Ärztinnen und Schwestern haben sich neutral und objektiv verhalten.


Rebecca
Mein Abbruch ist 5 Jahre her. Jetzt bin ich 28. Es war eine reine Vernunftsentscheidung, mein Herz wollte was anderes. Ich habe alles ganz schnell hinter mich gebracht, denn ich wusste ganz genau: Wenn ich zuwarte, entscheide ich mich anders. 2 Jahre nach der Abtreibung verliess mich mein Freund. Er lernte eine andere Frau kennen und bekam mit ihr eine Tochter. Unser Trennungsgrund war sein nicht vorhandener Kinderwunsch…… Ich habe die Entscheidung schon in dem Moment bereut, als ich in der Klinik auf dem gynäkologischen Stuhl lag und der Anästhesist mir das Betäubungsmittel in den Arm gespritzt hat. Es tut mir sehr weh, auch heute noch. Ich würde es am liebsten ungeschehen machen. Leider geht es nicht. Allen Frauen, die vor der wohl schwierigsten Entscheidung ihres Lebens stehen, möchte ich sagen: hört auf eure innere Stimme! Lasst Euch von niemandem beeinflussen!


Miriam
Ich bin jetzt 25 Jahre alt. Ich werde heute Abend in die Klinik fahren um eine Abtreibung zu haben. Mir geht es körperlich sehr schlecht durch die Schwangerschaft, es ist ca. die sechste Woche. Da es meine zweite Schwangerschaft ist, weiss ich was auf mich zukommen würde. Und ich könnte das mir und dem Kind nicht nochmals zumuten. Mein erstes Kind, das bald zwei Jahre alt wird, lebt nicht bei mir. Ich kann es nicht versorgen, mir geht es sehr schlecht, ich bin psychisch sehr krank, und habe auch keinerlei Muttergefühle, was mir selbst am meisten leid tut.
Aufgrund dessen, dass ich Psychopharmaka einnehme, kam hormonelle Verhütung nicht in Frage, sagte mein Frauenarzt, tja, und da die Männer Kondome "nicht mögen", so ist es passiert, ohne Verhütung, zum zweiten Mal.
Leider wurde mein Wunsch, mich sterilisieren zu lassen, nicht angenommen, wegen meines Alters.
Ich danke meiner Familie, die sich liebevoll um meinen Sohn kümmert, und hoffe mein kleines Kind, das bald gehen muss, hat es besser, da wo es hinkommen wird.


Birgit
Als ich schwanger wurde war ich gerade mal 17 Jahre alt, ich hatte keine Berufsausbildung, kein Einkommen, aber einen Traum im Kopf – ich wünschte mir eine Familie – mit allem was dazugehört. Ich hatte auch einen Freund, keinen von der Sorte, der eine Schwangere sitzen lassen würde, einer der mit Sicherheit ein liebevoller, sorgender Vater werden würde – SPÄTER.
Als meine Regel ausfiel und die morgendliche Übelkeit einsetzte war klar – ich bin schwanger, also ging ich zum Frauenarzt, der mich nach einem kurzen Gespräch auf den Untersuchungsstuhl beorderte. "Ich werde es nicht bekommen" – mein Entschluss stand fest. Ich neige dazu Frauen zu verurteilen, die nicht vor dem Sex über mögliche Folgen nachdenken und wenn sie schwanger geworden sind, die Abtreibung als eine Art Verhütungsmittel ansehen. Natürlich wächst in einer Frau ein Leben heran. Vielleicht gibt es Frauen, die diesen Entschluss leichtfertig fällen, doch wie leichtfertig würden sie im Falle einer Geburt mit diesem Kind umgehen? Ist das das Wohl des Kindes?
Der Arzt beriet mich recht kühl und sachlich, was ich zuerst als herzlos empfand. Im nachhinein hat es mich davor bewahrt, mich in das Gefühl des zukünftigen Mutterseins hineinzusteigern. Es war keine einfache Entscheidung. Nach den deutschen Bestimmungen musste ich zu einer Beratungsstelle, wo man mich über die Möglichkeiten der staatlichen Hilfe aufklärte. Ich bin froh mich an die Arbeiterwohlfahrt gewandt zu haben und nicht an eine kirchliche Beratungsstelle. Am Tag danach kam mein damaliger Freund in U-Haft.
Da ich erst 17 war, mussten meine Eltern unterschreiben. Mein Stiefvater – er ist Katholik – unterschrieb wortlos, der einzige Kommentar meiner Mutter: "Du tust das Richtige". Am Tag des Eingriffs ging alles sehr schnell – man gab mir eine Tablette zur Beruhigung und eine, um den Muttermund zu öffnen. Kurze Zeit später wurde ich, benebelt, in den OP gebracht. Dort setzte ich mich auf den OP Stuhl, der Anästhesiearzt verabreichte eine Narkosespritze und ich fühlte die Betäubung, von den Beinen aufsteigend, wie eine leichte Decke, die jemand tröstend über mich legt.
Im Aufwachraum weinte die Frau neben mir, ich streckte meine Hand nach ihr aus und sie sagte: "Es musste sein", worauf ich nickte. Wohl aus Selbstschutz ging mir ihr Eingriff näher als der eigene. Als ich wieder zu Hause war, hatte ich leichte Schmerzen. Am folgenden Tag bat ich meinen Stiefvater, der Besuch von seiner Mutter hatte, ob er mich ins Krankenhaus fahren würde, falls die Krämpfe schlimmer würden. Der Spruch meiner Stiefgrossmutter liess mich erstarren: "Wer selbst abtreiben kann, kann auch selbst ins Krankenhaus fahren".
Einige Tage später lief das Leben weiter, der Alltag kam zurück, meine Bekannten, die von dem Eingriff wussten, äusserten sich nie negativ, nie wurde ich scheel angesehen oder verurteilt. Nur die Reaktion der Stieffamilie war, mild bezeichnet negativ, ich war nicht nur das schwarze Schaf der Familie, sondern ab jetzt auch eine Mörderin…
Ich habe weder körperlich noch seelisch Schäden durch die Abtreibung. Und wäre ich wieder in dieser Situation, würde ich mich genauso entscheiden. Den grössten Schaden einer Abtreibung, den die Frauen zu tragen haben, ist die Reaktion der militanten Abtreibungsgegner, die eine Frau wohl als ein Gebärobjekt ansehen.


Mariella
Im März 1991 wurde ich, 43 Jahre alt, schwanger. Ein Arzt riet mir, mich einem Ultraschalltest zu unterziehen und danach, sollte der Embryo aufgrund meines Alters missgebildet sein, abtreiben zu lassen. Ich konsultierte einen andern Arzt und liess ihn wissen, dass ich mich keinesfalls in der Lage sähe, ein Kind zu bekommen und es seinen Bedürfnissen gemäss zu umsorgen und aufzuziehen. Ich sei auch keinesfalls gewillt, einen negativen gesundheitlichen Befund des Embryo abzuwarten, um dann gewissermassen ohne Schuldgefühle abtreiben zu dürfen. Ich machte ihn auf meinen erklärten Willen aufmerksam, kein Kind zu wollen. Mein Lebenspartner und ich waren uns in der Entscheidung einig. Wir standen und stehen noch heute voll im Berufsleben, das uns wichtig ist und das wir als unsern persönlichen Beitrag zur menschlichen Gemeinschaft betrachten.
Was dann folgte, kann ich heute, nach über 10 Jahren, immer noch kaum glauben. Es war entwürdigend, zynisch und unmenschlich.
Ich wurde zum psychiatrischen Gutachten zitiert. Der Test dauerte genau 4 Minuten. Der Gutachter fragte mich, ob ich an einer speziellen oder gar erblichen Krankheit litte, was ich verneinte. Auf meine starken Brillengläser aufmerksam geworden, erklärte er mich als sehbehindert und notierte eine erblich bedingte Augenkrankheit, noch ehe ich ihm sagen konnte, um was für eine Augenkrankheit es sich genau handelte. Der Gutachter stellte mir ein Zeugnis aus, ich bezahlte ihm 530.– Franken bar auf die Hand, was weitere 3 Minuten in Anspruch nahm. Anschliessend wurde ich, mit der Adresse eines Schwangerschaftsabbrüche vornehmenden Arztes versehen, entlassen.
Auf Nachfrage wurde mir von vielen Seiten versichert, es handle sich bei dem Frauenarzt um einen umsichtigen, liberalen Menschen, dem man sich ohne Angst anvertrauen könne. Er gehöre zu den Befürwortern der weiblichen Selbstbestimmung. Der Termin für ein Vorgespräch war rasch gefunden. Mein Lebenspartner und ich fanden uns ein und bekundeten beide, den Abbruch gemeinsam durchstehen zu wollen. Der Arzt weigerte sich mit der Begründung, dies sei meinem Lebenspartner nicht zumutbar, auf unsern Wunsch einzugehen. Für eine andere Arztwahl fehlte die Zeit. Also mussten wir uns dem selbstherrlichen und zynischen Entscheid des Arztes fügen. Meinem Lebenspartner war es gerade mal gestattet, im Warteraum auf mich zu warten.
Schliesslich lag ich auf dem Gynäkologenstuhl, die Bestecke waren sterilisiert, der Arzt trug die obligaten Handschuhe. Einige Sekunden vor dem Abbruch schob er den Monitor in mein Gesichtsfeld und meinte: Sehen Sie sich doch an, was Sie da abtreiben. Bei Ihrer eigenen robusten Gesundheit hätten Sie höchstwahrscheinlich auch ein kerngesundes Kind zur Welt gebracht. Sie können sich also vorstellen, wie ungern ich diesen Abbruch vornehme."
Den Abbruch selbst, auch das, was man allgemeinhin "Trauerarbeit" nennt, habe ich unbeschadet hinter mich gebracht. Nicht aber die demütigenden, entwürdigenden und verletzenden Begleiterscheinungen, die in mir das Gefühl weckten, verantwortungslos, unmoralisch, ja kriminell gehandelt zu haben. Dieses Gefühl zu überwinden, daran arbeite ich noch heute.
Eine Fristenregelung schlösse in den meisten Fällen ein derartiges, psychisch unnötig schmerzhaftes Vorgehen aus. Die Frauen müssten sich weniger mit Schuldgefühlen herumquälen, die Selbstbestimmung stünde gewährleistet.
Ich plädiere deshalb für die Fristenregelung, in einer offenen, liberalen Gesellschaft, die diese Adjektive verdient. Es kann nicht sein, dass einerseits unter bestimmten medizinischen, oft an den Haaren herbeigezogenen Bedingungen Abtreibung zwar erlaubt ist, Frauen aber über den Verlauf einer solchen Abtreibung bereits am Ort des Geschehens, aber auch für mehrere Jahre ihres Lebens stigmatisiert werden und sich für ihren selbstbestimmten Entscheid bestraft fühlen müssen.

Mariella Mehr, Dr.phil.h.c., Schriftstellerin


Meike
Ich bin Deutsche (24-jährig) und lebe in der Schweiz. Ich habe bereits einen einjährigen Sohn und vor kurzem habe ich erfahren, dass ich ungewollt schwanger war. Ich nehme zwar die Pille, habe aber wohl einmal eine vergessen. Ich rief bei meiner Frauenärztin an, weil meine Tage unregelmässig kamen. Dass ich zunahm, hatte ich dem Essen zugeschrieben und mir vorerst weiter keine Gedanken gemacht. Aber dann kamen mir doch Zweifel. Da sie im Urlaub war, machte ich einen Test, der positiv ausfiel. Daraufhin vereinbarte ich einen Termin im Spital in unserer Umgebung. Dort wurde festgestellt, dass ich schon in der 16. Woche war… Ich war schockiert. Von da an ging das Gerenne los, da es ja auf jeden Tag ankam. Ich wurde am nächsten Tag an ein anderes Spital in unserem Kanton verwiesen. Ich hoffte, dort würde man mir weiterhelfen. Aber dem war nicht so. Die Antwort war: "Wir können nichts für Sie tun, gehen Sie zur einer Beratungsstelle, wenn sie Geld brauchen".
Mir ging es nicht um Geld!!! Mir ging es um meinen Sohn und mich, in dieser unerträglichen Situation. Dass mein Sohn zu kurz kam, war für die Ärzte nicht wichtig – "Sie schaffen das schon"… – Ich hatte heftigste Kopfschmerzen jeden Tag und nahm regelmässig "Sponstan", war müde durch den Stress und schlief viel. Ich rief im Unispital in Zürich an. Mein nächster Weg führte zu einer Psychiaterin, um das Gutachten zu bekommen, so wie es nach Auskunft des Unispitals der Kanton Zürich für Abbrüche nach der 12. Woche verlangt. Aber nach einem Streit und Tränen verliess ich das Sprechzimmer wieder. Sie war so unfreundlich… das habe ich noch nie erlebt. Sie malte ein Schreckensbild des Eingriffs. Kann ihr ja egal sein – ist ja nicht IHR Leben, sondern nur meines und das meines Sohnes.
Die Situation wurde immer unerträglicher… Etliche Anrufe zu anderen Kliniken usw. Ich habe noch nie gesagt, ich bin am Ende – aber diesmal war es so. Ich hab schon viel durchgemacht, aber jetzt schwirrten mir düstere Gedanken durch den Kopf. Aber ich konnte meinen Sohn doch nicht alleine lassen. Also machte ich mich weiter auf die Suche und landete im Internet auf der Seite der Bloemenhove Klinik – meine letzte Hoffnung. Ich rief dort an und es wurde sofort ein Termin vereinbart. 5 Tage später war ich schon in Holland.
Dieser Klinik in Holland gilt mein grosser Dank! Der Abbruch ist dort bis zur 22. Woche LEGAL! In Beratungsgesprächen dort mit den Ärzten wurde auf MICH eingegangen, nicht wie in der Schweiz. Auch die Methode des Abbruches in den Niederlanden kann ich nur gut heissen. In Zürich wird mit Prostaglandin eine Fehlgeburt herbeigeführt, Spitalaufenthalt ca. 3 Tage. In den Niederlanden wird eine Kürettage gemacht und vor der 18. Woche kann man nach 2 Stunden wieder gehen.
Ich bekam zwei Tabletten zur Weitung des Muttermundes und später wurde der Abbruch unter Vollnarkose mit einer Kürettage durchgeführt. Der Eingriff dauerte 10 Minuten.
Als ich aus der Narkose aufwachte, musste ich lachen… ich war so froh! Ich hatte noch nie so ein nettes Ärzteteam erlebt… weder in der Schweiz noch in Deutschland. Mir geht es wieder gut und ich habe wieder Freude am Leben, die Kopfschmerzen sind weg. Es ist Quatsch, dass es einem nach dem Abbruch schlecht geht. Ich fühle mich als ob ich ein neues Leben, eine neue Chance bekommen habe. Bin einfach nur glücklich. Ich verstehe einfach nicht, warum andere Länder das nicht den Frauen überlassen??? Es ist IHR Leben… Klar lebte vor kurzem auch noch eines in mir, aber man kann doch nicht um jeden Preis jede Schwangerschaft austragen, wenn man sich nicht in der Lage dazu fühlt, nur weil es so ein dummes Gesetz gibt??? Soll man darunter leiden, soll man sein Leben zerstören?
Ich weiss, es ist erst kurze Zeit her, aber ich bin mir sicher, dass es für mich der richtige Weg war.


Simona
Als ich schwanger wurde, war ich achtzehn Jahre alt. Mein damaliger Freund lebte in Chile, wo ich ein Jahr als Austauschschülerin verbrachte. Meine Schwangerschaft bemerkte ich wenige Tage nach meiner Rückkehr in die Schweiz. Natürlich war es ein Schock, ich wusste weder ein noch aus, und meine Hoffnungen klammerten sich an die sehr kleine Möglichkeit einer Scheinschwangerschaft. Meine Eltern und eine Freundin wussten Bescheid und standen mir zur Seite. Es war klar, dass sie jede Entscheidung meinerseits akzeptieren und unterstützen würden. Die Frauenärztin, mit der ich Kontakt aufgenommen hatte, war eine Freundin meiner Familie und daher auch schon eine Vertrauensperson. Sie hat sofort einen Termin für mich gefunden und mir in Gesprächen und mit Ratschlägen den Rücken gestützt. Für mich war es überhaupt nicht von Anfang an klar, dass ich die Schwangerschaft abbrechen wollte. Es war ein langer Kampf mit mir selbst, über Tage und Nächte hinweg. Für meinen damaligen Partner war es klar, dass er das Kind unbedingt wollte, auch wenn er vorgab mir die Entscheidung zu überlassen. Irgendwann habe ich gemerkt, dass jede Entscheidung richtig sein kann, wenn sie nur von mir getroffen wird. Es gibt keine absolute Wahrheit, ich würde jede Möglichkeit irgendwie meistern können. Es bringt nichts, Argumente hin und her zu denken, ich musste nur versuchen zu fühlen, was ich in diesem Moment meines Lebens wirklich wollte. Ich bin sehr dankbar, dass mir meine Familie und meine Ärztin diese Freiheit gelassen haben.
Ich wusste, dass es zwei Möglichkeiten gab, meine Schwangerschaft abzubrechen. Ich habe mich (gegen den Rat meiner Ärztin) für Mifegyne entschieden. Ausschlaggebend waren die Erlebnisse einer betroffenen Frau, die zwei Schwangerschaften abgebrochen hatte. Einmal unter Totalanästhesie und einmal nur lokal. Sie hat mir erzählt, dass sie an Ersterem im Nachhinein vielmehr zu beissen hatte, da sie überhaupt nichts miterleben konnte. Beim zweiten Mal habe sie zwar vielleicht im Moment mehr gelitten, da sie während des Eingriffs wach war, doch war das für die Verarbeitung im Nachhinein sehr hilfreich.
Ich habe keine schlechten Erinnerungen an den Eingriff mit Mifegyne. Die betreuende Person war sehr hilfreich und verständnisvoll, ich hatte bis zur letzten Sekunde die Möglichkeit mich anders zu entscheiden. In meinem Fall ist alles sehr unkompliziert verlaufen. Ich hatte auch keine allzu grossen Schmerzen (etwas mehr als bei einer gewöhnlichen Menstruation). Die Frucht konnte ich anschliessend mitnehmen und im Grab meiner Grossmutter begraben. Das war für mich ein sehr würdiger Abschied von meiner Schwangerschaft.
Ich bin heute 20 Jahre alt. Ich habe nie an meiner Entscheidung gezweifelt und auch nie unter Gewissensbissen gelitten. Meine Schwangerschaft und der anschliessende Abbruch ist eine wichtige Erfahrung, die ich gemacht habe. Ich weiss, dass es die einzig richtige Entscheidung war, weil sie von mir getroffen wurde.


Doris
Auch ich gehöre zu den mindestens 700'000 Frauen in der Schweiz, welche die Erfahrung eines Schwangerschaftsabbruchs haben. Ich bin aber auch ans Thema gebunden durch den missglückten illegalen Abbruch, den meine Mutter vor 50 Jahren machte. Sie musste sich dann doch mit mir abfinden. Für mich und mein ganzes Umfeld bedeutete es viel Leid. Auch heute noch nage ich an meiner Kindheit. Ich bin dankbar, dass ich meinen zwei Kindern sagen kann, dass sie Wunschkinder sind. 
Ich finde, meine Mutter hat damals genauso verantwortungsvoll gehandelt wie ich es vor 15 Jahren tat. Sie war sich bewusst, dass ihre Lebenssituation ihr nicht erlauben würde, sich in den nächsten 18 – 20 Jahren auf ein 5. Kind einzustellen. Sie ist vor 19 Jahren gestorben. Ich bedaure, dass wir diesen Brief deshalb nicht gemeinsam unterzeichnen können.


Angela
Ich bin ein 20-jähriges Mädchen aus Frankfurt (Deutschland) und mein Schwangerschaftsabbruch ist nun 2 Monate her.
Alles hat damit angefangen, dass ich wegen Bauchschmerzen meinen Hausarzt aufsuchte. Der verwies mich an meinen Frauenarzt, da ihm meine Symptome merkwürdig vorkamen. Mein Arzt teilte mir dann das "freudige Ereignis" mit, dass ich mich in der 6. Schwangerschaftswoche befand. Ich war erst einmal wie unter Schock und vertraute mich nur meinem Freund und meiner besten Freundin an, die sich total auf das Baby freuten – klar, es war ja auch nicht ihre superschwierige Entscheidung.
Nach ca. 1 Woche erzählte ich es auch meiner Mutter, sie reagierte total geschockt und erklärte mir, dass mein Leben gelaufen wäre, wenn ich dieses Kind behalte. Sie meinte, ich hätte gerade meine Ausbildung abgeschlossen und würde so keine Arbeit finden.
Nach längerem Überlegen und einigen schlaflosen Nächten entschied ich mich für die Abtreibung. Nach dem Pflichtgespräch mit Profamilia, die ziemlich nett waren und sich meiner Entscheidung keineswegs entgegen stellten, vereinbarte mein Frauenarzt einen Termin in einer Klinik.
Am Tag meiner Abtreibung war ich fix und fertig mit den Nerven, da ich mir meiner Sache immer noch nicht sicher war. Ausserdem hatte ich riesige Angst vor Schmerzen oder gar Komplikationen.
Der Eingriff, ich hab eine Absaugung vornehmen lassen, verlief OHNE irgendwelche Probleme und Schmerzen. Ich musste erst mal in einen Raum, wo mehrere Betten standen mit Frauen, die entweder gerade ihren Eingriff hinter sich oder vor sich hatten. Das hat mir geholfen, da ich schon mal fragen konnte, ob es weh tut usw. Als ich dann in den OP geschoben wurde, waren die Pfleger sehr fürsorglich, ich bekam eine Vollnarkose und als ich aufwachte, ging es mir einigermassen gut. Nach ein paar Stunden durfte ich schon wieder nach Hause.
Ich hatte hinterher nicht die geringsten Komplikationen und sogar Krämpfe und Schmerzen blieben aus. Es wird immer als der totale Horror hingestellt und ist doch nichts weiter als ein kleiner Eingriff. Natürlich gibt es Risiken, die gibt es jedoch bei jedem Eingriff.
Heute geht es mir physisch sehr gut, aber ich bin immer noch traurig.


Michaela
An dieser Stelle möchte ich Ihnen ein "Dankeschön" aussprechen und zwar dafür, dass es Ihre Seite im Internet gibt. Endlich einmal keine Hetzkampagnen von Abtreibungsgegnern, sondern Menschen und Beiträge, die mir aus der Seele sprechen.
Ich bin eine 22-jährige Deutsche und habe vor drei Wochen eine Abtreibung vornehmen lassen. im November 2001 hatte ich einen schweren Autounfall und es war mir nicht möglich, das Kind auszutragen, trotz stabiler Partnerschaft, finanzieller Unabhängigkeit usw. – da ich immer noch sehr unter den Unfallfolgen leide, hätte ich meinem Kind zum jetzigen Zeitpunkt einfach nicht die Mutter sein können, die ich für meine späteren Kinder immer sein wollte. Ich persönlich bin der Meinung, dass jedes Kind ein erwünschtes Kind sein darf und Frauen ihre Gründe für eine Abtreibung haben. Allerdings massen sich Abtreibungsgegner – zumeist auch noch Männer – an, über den Körper der Frau zu bestimmen. Dies KANN und DARF nicht sein!!
Trotz der jetzigen Abtreibung werde ich in ein paar Jahren eine Mutter sein, die ihre Mutterschaft bewusst erleben und geniessen kann.
Darum nochmals ein herzliches "Dankeschön" für Ihre Homepage, als ich die Berichte von betroffenen Frauen und Ärzten gelesen habe, war ich unendlich erleichtert…


Barbara
Für mich als ungewollt Schwangere war die Frage nach dem Status des Embryos irrelevant. Natürlich war es Leben, das in meinem Bauch keimte, und die körperlichen Veränderungen waren feststellbar, ein Wunder! Andererseits hing dieses Leben total von mir ab, und diese Verantwortung auf mich zu nehmen war mir zu diesem Zeitpunkt eine zu schwere Bürde. Aus dieser persönlichen Erfahrung halte ich ein Abtreibungsverbot für unethisch, denn es kommt einem Gebärzwang gleich. Niemand anders als die Frau selbst kann entscheiden, ob die ungewollte Schwangerschaft und Mutterschaft für sie zumutbar ist oder nicht.


Michèle
Mein Name ist Michèle und ich bin 30 Jahre alt. Mitte Mai 2000 wurde ich schwanger, weil ich einen Tag vergass die Pille zu nehmen. Zuerst wollte ich das Kind behalten, aber die Beziehung zu meinem Freund verschlechterte sich rapide, wir hatten vorher schon Probleme. Und so entschied ich mich, ziemlich spät, erst in der 11. Woche, doch abzutreiben.
Mein Freund fühlte sich hintergangen, es sei schliesslich auch sein Kind und ich nähme ihm einfach "sein" Kind weg! Aber ich machte ihm klar, dass ich im Falle einer Trennung dann alleine da stünde und er nur die Freuden eines Wochenendvaters hätte, aber der tägliche Stress würde an mir haften bleiben. Er war trotzdem noch dagegen, hat aber meine Entscheidung schliesslich akzeptiert.
Meine Gynäkologin gab mir die Adresse der Frauenklinik und dort bekam ich sofort einen Termin für den Ultraschall und auch für den Eingriff. Die Ansprechperson der Klinik gab mir die Adresse einer Psychiaterin und ich hatte am gleichen Tag, an dem ich zum Ultraschall musste, den Termin für das psychiatrische Gutachten. [Das war vor der Fristenregelung in der Schweiz. Anm.d.Red.]
Es ist wirklich eine Farce, da musste ich noch zum Psychiater, obwohl ich schon den Termin für den Schwangerschaftsabbruch hatte, und das Ganze (das Gutachten) kostete auch noch 330 Franken!
Ich finde einfach, dass eine Frau keinen Psychiater braucht, wenn sie sich die Gründe für und gegen einen Abbruch der Schwangerschaft gut überlegt hat und feststellt, dass sie nicht bereit ist, ein Kind aufzuziehen und es so auch für das Baby am Besten ist!
Es ist klar, dass ich noch heute, einen Monat später, manchmal traurig bin und mir Fragen stelle, wenn andere das, was ich getan habe, als Mord bezeichnen. Aber dass es die richtige Entscheidung war, da bin ich mir hundertprozentig sicher.


Alex
Sehr geehrter Herr Ständerat, Sie sagen, dass es kaum eine Frau gebe, die nach einer Abtreibung nicht unter schweren psychischen Folgen zu leiden habe. Ich weiss nicht, mit wie vielen Frauen Sie schon gesprochen haben, die einen Abbruch an sich vornehmen liessen und welche Selektion Sie in Ihren Gesprächen vorgenommen haben. Die Frauen, die ich kenne, haben ihren Abbruch seelisch und körperlich heil hinter sich gebracht. Dazu gehört beispielsweise auch meine eigene Mutter, die 1935 als 18-Jährige in Genf abtreiben liess. Sie konnte immer frei und ohne Gewissensbisse darüber sprechen. Ihr damaliger Entscheid stimmt für sie bis heute immer noch.


Carla
Anfang Februar habe ich einen Schwangerschaftsabbruch machen lassen. Ich war sehr froh über diesen Abbruch – und bin es noch immer. Klar, auch heute noch ist dieses Thema nicht ohne Schmerzen für mich (nicht körperliche Schmerzen), aber ich denke, ich habe alles recht gut überstanden.
Mir half in der Zeit der Entscheidung ausserordentlich, dass mir andere Frauen beistanden. Obwohl Abbrüche immer "die andern" machen, konnte ich plötzlich feststellen, dass die andern meine Mutter, Freundinnen meiner Mutter, Freundinnen von Freundinnen usw. sind. Ich habe mich deshalb entschlossen, meinen Schwangerschaftsabbruch nicht geheim zu halten. Warum sollte ich andern die Unterstützung, die ich bekam, nicht auch zukommen lassen?
Was ich bei dieser offensiven Taktik bemerkt habe, ist, dass vor allem Männer mir immer wieder eine bevorstehende Psychose prognostizieren. Glaubt man der Männerwelt, leiden fast alle Frauen nach einem Abbruch. Gehe ich nach den Erfahrungen meiner Mutter und ihrer Freundinnen, die den Abbruch bereits vor einigen Jahren haben machen lassen und also mehr Erfahrung in der Verarbeitung damit haben als Frauen in meinem Alter (ich bin 30), sind es die wenigsten.


Margrit
Ich habe vor etwa 40 Jahren eine Schwangerschaft abgebrochen. Ich denke, eine Frau soll sagen dürfen: "Nicht jetzt, nicht mit diesem Mann, unter diesen Voraussetzungen. Dafür wird später ein anderes Kind kommen, das es sonst nicht gegeben hätte".


Maria
In genau 4 Tagen werde ich meine Schwangerschaft abbrechen lassen. Ich bin 18 Jahre alt. Ehrlich, es tut weh. Ich möchte es nicht tun, aber ich habe keine Wahl. Ich habe im Ultraschall dieses kleine Ding gesehen, das in mir drin ist. Ich bin nicht blöd, ich weiss, dass es noch kein Kind ist, aber es ist schon in mir drin, es ist ein Teil von mir … aber ich kann nichts daran ändern …

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