Abtreibung - Schwangerschaftsabbruch: Für das Recht auf einen freien Entscheid


Welche Frauen sind betroffen?

Frauen ausländischer Herkunft
Teenager-Schwangerschaften in der Schweiz und internationaler Vergleich
Beweggründe
Druck des Umfeldes?

Das soziale Profil der Frauen mit Schwangerschaftsabbruch
. BE 1981
N=1271
BE 1990
N=1072
BE
2000
N=1162
BE 2011
N=1190
AG 2007
(2006)
N=410
SO 2007
N=232
VD 2008
N=1277
BL 2007
N=227
BS 2007
N=295
NE 2007
N=272
GE 2007
N=1329
TI 2007
N=452
ZG 2007
N=111
SG 2007
N=503
FR
2007
N=255
Schweiz
2010
Verh. 36% 40% 39% 32.4% (48%) . 30.2 .       .       .
Ledig 56% 50% 49% 57% (42.9) . 55.8 .       . .     .
Gesch/verw 8% 10% 12% 10.6% (9%) . 13.8 .       . .     .
< 20-jährig 15% 7% 10.3% 16.6% 10% 13% 13.6% 12% 10% 13% 12% 12% 10% 14% 14% 9%
20-24-j. 29% 26% 20.6% 24.7% 16% 27% 24.3% 22% 24% 25% 22% 17% 19% 21% 24% 22%
25-29-j. 25% 27.5% 21.2% 21.9% 24% 24% 22.9% 15% 23% 19% 24% 21% 15% 21% 19% 22%
30-34-j. 12% 21% 22.9% 20.9% 19% 15% 18.8% 21% 22% 19% 20% 21% 25% 20% 22% 21%
35-39-j. 12% 12% 17.4% 15% 18% 15% 13.9% 19% 11% 14% 16% 20% 19% 15% 15% 16%
40+ 7% 6.5% 7.6% 6.9% 12% 6% 6.2% 10% 10% 10% 7% 9% 12% 10% 5% 8%
Kinder: 0 58% 54% 51% 53.7% (46.4) . 51.6% . .         .   .
1 14% 18% 17% 19.2% (22.1) . 22.9% . .         .   .
2 18% 20% 22% 19.1% (20.9) . 17.0% . .         .   .
3+ 10% 8% 10% 8% (10.7) . 8.5% . .         .   .
SA zuvor: 0 . 84% 81% 76.4% (79.4) . 67.3% . . . . .
1 . 13% 14% 17.2% (14.9) . 24.5% .   . .   . .   .
2+ . 3% 5% 6.4% (5.7) . 8.1% .   . .   . .   .
SSWoche*
-8.
28% 29% 47% 72.8% 76% 75% 77% 67% 64% 71% 54% 76% 75% (56%?) 72% 70%
9.-10. 47% 42% 35% 15% 12% 16% 12.7% 19% 15% 21% 23% 16% 11% 15% 16% 17%
11.-12. 20% 21% 13% 8.1% 8% 5% 4.8% 6% 11% 6% 13% 5% 8% 9% 5% 8%
13. Wo + 5% 8% 5% 4.1% 3% 3% 5.5% 5% 3% 1% 7% 3% 3% 4% 5% 4%
* gerechnet ab 1. Tag der letzten Periode
Quellen
: Kantonale und Spitalstatistiken

Kommentar
Die Zahlenreihe aus dem Kanton Bern – dem einzigen Kanton, der detaillierte Statistiken seit 1981 führt – zeigt, dass sich in den letzten 25 Jahren wenig verändert hat. Das Alter der Frauen, die eine Schwangerschaft abbrechen, hat sich leicht nach oben verschoben. Etwas mehr Frauen (Migrantinnen mit schlechter Verhütungspraxis?) hatten bereits früher einen Schwangerschaftsabbruch. Frappant ist jedoch, dass die Eingriffe immer frühzeitiger durchgeführt werden – vorab dank der Einführung der medikamentösen Methode Ende 1999 und dem Wegfall der Begutachtung seit 2003.

Teenager-Schwangerschaften  ð     (Details)

Ausländerinnen

Anteil der in der Schweiz wohnhaften Ausländerinnen (Ausländ.) am Schwangerschaftsabbruch
Kanton 1980 1988 1990 1992 1994 1996 2005 2006 2009 2011
. Ausländ. Ausländ. Ausländ. Ausländ. Ausländ. Ausländ. Ausländ. Ausländ. Ausländ. Ausländ.
AG . . . . . .   57.2%   52%
BE 268
(22%)
27% 364
(34%)
507
(40%)
38% 39% 430
(43.5%)
477
(46%)
44.4%(2010) 41.5%
BL                   46%
BS . . . . . 52% 51.8% 53.2%   55%
FR . 40% 57
(51%)
. 48% 49.1%   46.2%   58%
GE . . . . 56.6% 58.4%   57.2%    
GR . . . . 44% 41% 56% 42.5%    
JU             27.8% 32%   31%
NE . . . . . . 36.3% 43.3%   37%
OW             40.7% 28.9%    
SG . 25% 95
(53%)
121
(54%)
63% 61.5% 54.6% 50,8%    
SH . 36% 29
(45%)
40
(56%)
58.5% 39.6%   .    
SZ . . . . . . 58.6% 53.8%   39%
TG . . . . . .   44.8%   59%
TI . . im Tessin wohnhafte Ausländ. 43.6% 43.6% 40% 52%
VD . 58.7% (Spit. Aigle) . . . 48.7%   58.3% 55% 52%
VS . . . . . .   59.2%   53%
ZG . . . . . .   42%    
ZH Universitätsspital 1986/87: 47,4% Ausländ. . .   .    
Schweiz  (Hochrechnung auf der Basis der vorhandenen Daten) 52.1% 48% 51%
Quellen: Kantonale und Spital-Statistiken, Bundesamt für Statistik

Kommentar
Die Ausländerinnen in der Schweiz machen etwa 27% der weiblichen Wohnbevölkerung im Alter von 15-44 Jahren aus (2010). Eine Schätzung auf der Basis der vorhandenen Zahlen ergibt für die ganze Schweiz einen Anteil der Ausländerinnen an den Schwangerschaftsabbrüchen von etwa 50%. Gemäss BFS lag die Abtreibungsrate im Jahr 2012 bei 9,6 auf 1000 15-44-jährige Migrantinnen, also etwas mehr als 2-mal höher als jene der Frauen schweizerischer Nationalität von 4,5 auf 1000.
Grund: Viele Migrantinnen kommen aus Ländern, in welchen sich die Verhütung noch nicht durchgesetzt hat und haben daher wenig Erfahrung damit (Osteuropa, ex-Jugoslawien, Afrika, Lateinamerika). Sie sind oft schlecht informiert und haben erschwerten Zugang zum Gesundheitswesen, wegen sprachlicher, gesellschaftlicher und finanzieller Barrieren. Viele von ihnen leben hier ausserdem in sehr prekären Verhältnissen.

Beweggründe

Ein Netz von Bedingungen, nicht einzelne Faktoren, lassen in der Regel Schwangerschaftskonflikte entstehen. Im Vordergrund steht das Verantwortungsbewusstsein gegenüber einem möglichen Kind. Dabei wird der Tragfähigkeit der Partnerbeziehung, der Familie grosse Bedeutung beigemessen. Eine brüchige Beziehung, Zweifel an der eigenen Eignung zur Mutter, Zukunftsängste, Überforderung, die Rücksicht auf die Gefühle des Partners spielen mit; bei Ausländerinnen ist es oft ihre überaus prekäre Lebenssituation (z.B. bei Asylsuchenden).

Am häufigsten werden eine schlechte Partnerbeziehung und die Unvereinbarkeit von Ausbildung oder Beruf mit einem Kind als Grund für den Abbruch angegeben. Die Fälle, wo einzig eine gravierende finanzielle Notlage dem Kinderwunsch im Wege steht, sind die Ausnahme. In solchen Fällen steht die Sozialhilfe einer Frau zur Seite, wenn sie eine solche Hilfe in Anspruch nehmen will.

Gemäss den für 2007 vom Kanton Waadt publizierten Daten war in diesem Kanton bei 4,5% der Fälle eine Gefahr für die psychische oder körperliche Gesundheit der Schwangeren der Grund für den Abbruch. Darin inbegriffen sind die Fälle von fötaler Missbildung und 3 Schwangerschaften als Folge von Vergewaltigung oder Inzest. In der ganz grossen Mehrzahl der Fälle ging es demnach um psycho-soziale Gründe (Notlagen).

Druck des Umfeldes?

Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch erwägen, sind ohne Zweifel oft verschiedenen Zwängen ausgesetzt: Der Partner fordert die Abtreibung und lässt sie im Stich, die Beziehung geht in die Brüche, die Eltern wollen nichts von einem Enkelkind wissen, finanzielle Sorgen, usw. Das heisst aber nicht, dass die Frau sich einzig unter dem Druck des Umfeldes, ohne eigenen Willen zum Abbruch entschliesst. Wohl aber, dass sie diese Probleme in ihrer Entscheidfindung berücksichtigt – aus eigenem und im Interesse eines zukünftigen Kindes: Die Zwänge lösen sich nach einer Geburt nicht auf, sondern sie würde mit ihnen weiterleben müssen!

Verschiedene Studien zeigen, dass nur wenige Frauen einzig wegen eines starken Druckes der Umgebung die Schwangerschaft abbrechen. Starker Druck 1% (Kellerhals&Pasini), starker Einfluss der Umgebung 5-8% (Holzhauer). In der Mehrzahl der Fälle wird der Entscheid vom Paar gemeinsam gefällt.

Quellen
Bianchi-Demicheli F, Perrin E, Lüdicke F, Bianchi PG, Chatton D, Campana A. Sexuality, partner relations and contraceptive practice after termination of pregnancy. J Psychosom Obstet Gynecol 2001;22:83-90
Friedrich W. u.a. "Schwangerer Mann – was nun?". Holtzmeyer, 1985
Holmgren K: "Legal abortion during very early pregnancy – Women’s experiences and ethical conflicts". Karolinska Institute, Stockholm, Sweden, 1994
Holzhauer B. "Schwangerschaft und Schwangerschaftsabbruch". Kriminol. Forschungsberichte aus dem Max-Planck-Inst., Freiburg i. Br. Band 38, 1989
Kellerhals J., Pasini W. "Le sens de l’avortement". Georg, Genf, 1976
Paczensky S. von: "Gemischte Gefühle". Beck’sche Reihe, 1987
Roeder H. "Mit einem Kind habe ich nicht gerechnet – Männer und Schwangerschaft". rororo Sachbuch, 1997
Skjeldestad F. "The decision-making process and need for medical information among women seeking abortion in 1983 and 1993". Norw. Med. Journ., 114:2276-79, 1994

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