Abtreibung - Schwangerschaftsabbruch: Für das Recht auf einen freien Entscheid


Argumentarium gegen die Initiative
Nein zur Initiative - Nein zum Rückschritt (auf facebook)
14. November 2012:
Nationaler Verein "Nein zum Angriff auf die Fristenregelung" gegründet

Kurzfilm "Requiem pour un droit" (französisch)
Video Strassentheater "Nein zur Initiative"
Comité féministe pour le droit à l'avortement

Letzte Aktualisierung:

Aus: SVSS-RUNDSCHAU Nr. 63, Januar 2001

Zur ethischen Beurteilung der Abtreibung :

Was sagt die Bibel ?

Die Antwort auf die Titel-Frage heisst kurz und bündig : Nichts. Wenn konservative Kreise ihre Ablehnung der Fristenregelung mit der christlichen Botschaft begründen, dann können sie sich dabei in Wirklichkeit nicht auf die Bibel stützen.

Gerne berufen sich Gegner der Fristenregelung auf die Bibel. Es findet sich jedoch weder im Alten noch im Neuen Testament irgend eine Aussage zur Abtreibung. Im Alten Testament sind viele Vergehen einzeln genannt und es wird im Detail vorgeschrieben, wie sie zu ahnden sind. Von Abtreibung hingegen kein Wort.

Das ist einigermassen erstaunlich, war doch Abtreibung in der Entstehungs-Zeit der Bibel bekannt und in den Gesetzbüchern von Nachbar-Völkern der Hebräer, zum Beispiel der Assyrer und Sumerer, erwähnt. Der Theologe Dr. John Swomley führt dies darauf zurück, dass Frauen bei den Hebräern mehr galten als bei ihren Nachbarn.
(s. dazu die Homepage der Religous Coalition for Reproductive Rights)

Du sollst nicht töten

Am häufigsten wird das 6. Gebot aus dem Alten Testament zitiert. Doch dieses Gebot galt nie absolut. An andern Stellen der Bibel wird Töten vielmehr sogar befohlen. Für aus heutiger Sicht vergleichsweise harmlose Vergehen schreibt Gott die Todesstrafe vor: "Wer seinem Vater oder seiner Mutter flucht, der soll getötet werden" (2. Mos. 21:17). Wer als Unberufener das Priesteramt ausübt, soll getötet werden (4. Mos. 3:10), ebenso der Gotteslästerer (3. Mos. 24:16). Gott akzeptiert Menschenopfer (Richt. 11:29-40). Er befiehlt die Tötung der Männer, Frauen, Kinder und Säuglinge der Feinde des Volkes Israel (1. Sam. 15:3).

Die Leibesfrucht ist kein Mensch

Abgesehen davon, dass Abtreibung in der Bibel nirgends erwähnt ist, gibt es auch keine Hinweise, dass vorgeburtliches Leben einem Menschen gleichzustellen wäre, Abtreibung also unter das Tötungsverbot fallen würde. Eher ist das Gegenteil der Fall.

Voraussetzung für das Menschsein ist in der Bibel die Atmung bzw. das Vorhandensein von Geist oder Seele: "Gott der Herr machte den Menschen aus einem Erdenkloß, und blies ihm ein den lebendigen Odem in seine Nase. Und also ward der Mensch eine lebendige Seele" (Gen. 2:7). "Da kam Odem in sie und sie wurden lebendig" (Ez. 37:10). "Der Geist ist es, der lebendig macht" (Joh. 6:63). "Und was du säst, ist ja nicht der Leib, der werden soll, sondern ein bloßes Korn, […]. Es wird gesät ein natürlicher Leib, und wird auferstehen ein geistlicher Leib. Ist ein natürlicher Leib, so ist auch ein geistlicher Leib. […] Aber der geistliche Leib ist nicht der erste, sondern der natürliche; darnach der geistliche" (1. Kor. 15:37, 44, 46). Das "Korn" ist noch kein geistbegabter, beseelter Mensch.

Dass die Bibel ungeborenes Leben nicht gleichsetzt mit dem Menschen, geht auch aus der einzigen Bibelstelle hervor, die im Zusammenhang mit Abtreibung genannt werden kann. Allerdings geht es hier um eine fahrlässig provozierte Fehlgeburt: "Wenn zwei Männer raufen und sie verletzen dabei ein schwangeres Weib, sodass eine Fehlgeburt eintritt, aber kein weiterer Schaden entsteht, so soll es mit Geld gebüsst werden; was der Ehemann dem Täter auferlegt, das soll dieser geben für die Fehlgeburt. Entsteht aber ein weiterer Schaden, so sollst du geben Leben um Leben, Auge um Auge, Zahn um Zahn" (2. Mos. 21:22-25). Der Verlust des Fötus wird dem Ehemann bloss als materieller Schaden vergütet. Der Tod der schwangeren Frau hingegen wird mit der Todesstrafe geahndet.

Lebensqualität

In verschiedenen Bibelstellen kommt zum Ausdruck, dass es besser sein kann, nicht geboren zu werden, als ein freudloses Leben in Trübsal, Leid und Unterdrückung zu leben (Pred. 4:2-3). Ebenso Pred. 6:3-5: "Wenn einer hundert Kinder zeugte und viele Jahre lebte, bis ins hohe Alter, aber er könnte sein Glück nicht geniessen – ich müsste sagen: Glücklicher ist die Fehlgeburt. Denn sie kommt in Nichtigkeit, […] sie weiss von nichts […]." Oder Hiob 10:18-19: "Warum liessest du mich kommen aus dem Mutterschoss, mich nicht verscheiden, dass kein Auge mich sah? Wie wenn ich nicht gewesen, wäre ich dann, vom Mutterschoss weg zu Grabe getragen."

Wollte man diese Bibelstellen in die heutige Zeit übertragen – es liesse sich damit wohl eine psycho-soziale Indikation zum Schwangerschaftsabbruch begründen …

Gott als Schöpfer

Befürworter eines Abtreibungsverbots stützen sich gerne auf Bibelverse, in welchen Gott in Zusammenhang mit vorgeburtlichem Leben erwähnt wird: "Du hast mich gewoben im Mutterschoss" (Psalm 139:13). Gott sagt zum Propheten Jeremia: "Noch ehe ich dich bildete im Mutterleib, habe ich dich erwählt" (Jer. 1:5).

Diese Verse sagen nichts anderes aus, als dass Gott als Schöpfer des Lebens und als Allwissender, Allmächtiger betrachtet wird. Er kennt die Menschen bevor es sie gibt (noch vor der Empfängnis!), die Worte, bevor sie gesagt sind, die Dinge, bevor sie geschehen. Zum moralischen Status vorgeburtlichen Lebens und zur Abtreibung lässt sich daraus nichts ableiten.

Bezeichnenderweise feiern wir nicht den Tag, als der Engel der Jungfrau Maria ankündigte, sie werde schwanger werden als den Tag der Menschwerdung Jesu. Wir feiern den Tag der Geburt Jesu. Bischof Kurt Koch in "Der Bund" vom 24. Dez. 1996: "Mit Weihnacht wird jene Nacht bezeichnet, in der Jesus geboren UND MENSCH GEWORDEN ist".

Es ist im Übrigen ausserordentlich bedeutsam, dass Maria ausdrücklich ja sagte zu ihrer Schwangerschaft! Neues Leben ist Geschenk und Verheissung, es kann nicht aufgezwungen werden.

Der Mensch als selbstverantwortliches Wesen

Noch weniger als im Alten findet sich im Neuen Testament irgend eine Stelle, die etwas zur Abtreibung aussagt. Hingegen finden wir die Aussagen Jesu: "Wer unter euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein!" (Joh. 8:7) und weiter: "Wehe auch euch Gesetzeskundigen, dass ihr die Menschen belastet mit schwer zu tragenden Lasten, und ihr selbst rührt die Lasten mit keinem Finger an" (Luk. 11:46).

Die Forderung nach strafrechtlicher Ahndung der Abtreibung lässt sich nicht aus der Bibel ableiten. Viel eher lässt sich aus der biblischen Botschaft die Freiheit zu einem eigenen Gewissensentscheid begründen. "Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde" (Gen. 1:26-28). "Und Gott sprach: siehe, der Mensch ist geworden wie unsereiner, dass er weiss was gut und böse ist" (Gen. 3:22). Der Mensch ist als freies und selbstverantwortliches Wesen geschaffen, fähig und verpflichtet, moralische Entscheidungen nach eigenem Wissen und Gewissen und in Verantwortung zu treffen.

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Abtreibungsgegner